CD Kritik Progressive Newsletter Nr.73 (11/2011)
Ornah-Mental - XXI XII MMXII
(60:28, Herzberg Verlags GmbH, 2011)
Auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán befindet sich mit Cancún nicht nur die Urlaubsdestination des Landes schlechthin, sondern auch die Kultur der Mayas hinterließ mit beeindruckenden Ausgrabungsstätten wie Chichén Itzá, Uxmal, Tulum oder Kabah einen reichhaltigen Schatz der Vergangenheit, bevor die europäischen Konquistadoren das Land in Beschlag nahmen. Eine Reise in die letzte Zeit der Mayas unternehmen Ornah-Mental mit "XXI XII MMXII"l. Doch auch wenn die indigene Bevölkerung ein grausames Ende fand und sie im heutigen Mexiko nur noch eine untergeordnete Randrolle spielen, so geht es bei der musikalischen Umsetzung mehr um die Verschmelzung von Rhythmen, der unterschwelligen politischen Verbindung zur Gegenwart mit Raubbau und der unerbittlichen Logik von Globalisierung, sowie einer vielschichtigen musikalischen Verbindung aus Dub, Art'n'Kraut Rock, World Music und Cosmic Trance. Die rein instrumentale Musik von Ornah-Mental, die durch jede Menge Soundschnipsel und Klangcollagen aufgewertet wird, ist eine geheimnisvolle Umsetzung in tanzbare Rhythmik und flirrende Atmosphäre, die den ernsten Hintergrund bei oberflächlicher Sichtweise komplett vergessen lässt. Doch schwebt über allem ein sehr präsenter melancholischer Unterton, wird die Traurigkeit von Vergangenheit und Gegenwart greifbar. Trotzdem haben die 11 Songs auch die subtropische Schwere, die wie ein bleierner Schleier über der Halbinsel Yucatán hängt. Zwischen ergreifender Rhythmik, schwirrenden Gitarrenlinien und inhaltlicher Bedeutsamkeit ist Ornah-Mental ein Album ohne erhobenen Zeigefinger gelungen, das aber trotz seiner gefangennehmenden Tanzbarkeit eine gewisse Nachdenklichkeit als tragendes Element einbringt.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2011