CD Kritik Progressive Newsletter Nr.73 (11/2011)
Lest - Odysseus
(53:38, Soulfood, 2011)
Bereits Mitte der 90er wurden Lest in Strasbourg aus der Taufe gehoben, doch diverse Besetzungswechsel später liegt erst jetzt das erste offizielle Album vor. Eigenartigerweise scheint die Band jedoch in mehrfacher Hinsicht in einer Zeitschleife gefangen zu sein. Das liegt nicht unbedingt daran, dass man sinfonischen, melodischen Neo Prog spielt, der in der Vergangenheit haften geblieben ist, vielmehr atmet das komplette Album ein Flair, das man heute von einem zeitgemäßen Output einfach nicht erwartet. Das fängt mit der wenig druckvollen, muffigen Produktion an, geht weiter beim Songmaterial, das stellenweise noch etwas unfertig und ungehobelt wirkt, geht weiter bei den Sounds, die irgendwie antiquiert, im heutigen Prog Kontext verloren wirken und endet bei der Gestaltung des Booklets, sowie beim sehr gewöhnungsbedürftigen Gesang. Wäre dieses Album vor rund 20 Jahren erschienen, so hätte man es wahrscheinlich als Demo herausgebracht, um später ein richtiges Album folgen zu lassen. Nicht falsch verstehen: gut gemachter Neo Prog mit entsprechendem Punch funktioniert heute immer noch, aber bei Lest fühlt man sich an jene dunklen Zeiten erinnert, in der man jeglichem irgendwie progressiv klingenden Album hinterher hechelte. Das ist jetzt zwar eventuell eine Spur zu überspitzt formuliert, denn lässt man die erwähnten Mängel außen vor, so offenbaren sich im Material durchaus ein paar ordentliche Ansätze, doch vieles wird einfach durch Sound und Produktion kaputt gemacht. Schade, das war nix.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2011