CD Kritik Progressive Newsletter Nr.73 (11/2011)

The Book Of Knots - Garden of fainting stars
(40:21, Ipecac Recordings, 2011)

Die Trilogie ist vollendet. Das (ehemalige) Sideproject des Sleepytime Gorilla Museum um Matthias Bossi, Carla Kihlstedt, Joel Hamilton und Tony Maimone geht in die Luft. Literally... Ehemalig deshalb, weil das Museum seine Pforten (in Freundschaft) geschlossen hat. Geschichten über Seeleute, Häfen und den verrottenden Fischereibetrieb der amerikanischen Ostküste wurden auf dem selbstbetitelten Debüt angeboten. Inspiriert wurde der Zweitling "Traineater" durch die rostende Depression einer nordöstlichen Stahlregion, Detroit vielleicht. Nun begibt sich das Musik-Projekt an die Vertonung von Inhalten um alles was irgendwie "oben" ist. Da sitzt ein Blixa Bargeld an verschiedenen Flughäfen rum, versucht verzweifelt einen Cognac zu trinken, doch wird ihm diese Freude durch einen Schwarm suizidaler Fruchtfliegen verdorben. Nils Frykdahl und seine Frau Dawn McCarthy erheben sich zu einer Ode an den Mond. Mike Patton lässt es sich nicht nehmen den Label-Neulingen seine Stimme zu "Planemo" zu verleihen. Weitere bekannte Musiker wie Trey Spruance (Mr. Bungle, Secret Chiefs 3) und Moe! Staiano (Sleeyptime Gorilla Museum), sowie auch (zumindest mir) weniger bekannte Gäste liefern hochwertige Beiträge ab. Luftig könnte man das Gebotene nennen, denn die schmerzhaften Musikfiguren der beiden ersten Alben sind aufgelockert worden. Immer noch bewegt sich das Projekt im RIO / Avant, klimpert, plinkt und bietet allerlei "Industrial"-artige Sounds. Der Einfluss der Neubauten ist deutlicher denn je zu vernehmen, natürlich auch wegen Blixa Bargeld. Aber die Stücke sind verhalten optimistischer geworden, teilweise regelrecht schön und eingängig, natürlich nur im Rahmen dieses konsequent radiountauglichen Getues. Dabei hat die Scheibe einen nicht unbedeutenden Nachteil. Sie fängt überragend mit dem von Kihlstedt intonierten "Microgravity" (vergleiche Two Foot Yard in heftiger) an, setzt mit dem "Fruchtfliegenmassaker" "Drosophilia Melanogaster" einen drauf und verfällt dann zuhörens zu einer gelungenen, aber nicht überragenden Scheibe. Ab "Planemo" wird es dann wieder absolut großartig und das abschließende "Obituary for the future" könnte glatt ein verschollener Sleepytime-Song sein, freilich weniger ausufernd, irgendwie reserviert-europäisch. Somit kann diese Scheibe die brutale Intensität des Erstlings, vor allem aber des fantastischen "Traineater" nicht aufrechterhalten. Vermutlich eine gewollte Entwicklung, die mich aber nicht auf die gleiche Weise erfasst, wie die genannten Vorgänger. Trotzdem überzeugt dieses Album mehr als ausreichend um als Empfehlung durchzugehen. Vielleicht ist es sogar die sinnvollste Einstiegs-Scheibe des Ostküsten-Quartets. Ein geschmackvolles Artwork im Digipack rundet den Silberling ab.

Fix Sadler



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