CD Kritik Progressive Newsletter Nr.72 (97/2011)

The Nuri - Music box
(70:41, Privatpressung, 2011)

The Nuri kommen aus der Nähe von Darmstadt, vertreiben ihr zweites Album Music Box als kostenfreien download auf ihrer Homepage (http://www.thenuri.de), spielen anspruchsvollen PowerPop mit Folk-Anteilen und Hardrock-Elementen. Schon ihr erstes Album wusste mich zu überzeugen, obwohl ich gar nicht mal so ein großer Bewunderer radiotauglicher Musik bin. Das Gebotene ist einfach zu gut um ignoriert zu werden. Sängerin Sandra Pfeiffer macht eine hervorragende Figur, deutet mit ihrem Timbre eine Nähe zu Gothic-Trullas an, hat aber mehr Tiefe und folkloristische Attitüde. In den Gothic-Fettnapf tapst sie nicht. Ähnlich verhält es sich mit der Musik. Es gibt Bratpfannengitarren, elegische Piano-Läufe und immer wieder sehr schöne Gesangsmelodien, nicht aber schleimig-kitschige Weltuntergangsstimmungen. Darüber hinaus ergeben sich auch sehr starke Anbindungen an Singer / Songwriter-Elemente wie man sie eventuell bei den Rainbirds vermuten würde, freilich ohne die harten Gitarren-Akzente. Die stören mich auf Dauer auch ein wenig, da die Musik dieses Element gar nicht so penetrant benötigt. Mehr frische und Freiheit wünscht man den Arrangements, denen Gitarrist Andreas Marx teilweise zu sehr seinen Stempel aufdrückt. Kinderkrankheiten. Die Rhythmus-Truppe agiert sehr modern, abwechselungsreich, aber nicht übertrieben verfrickelt. Letztlich handelt es sich bei dieser Platte eher um ein Rock & Pop Album, als um reinrassigen Progressive Rock. NeoProckFolkArtPop - ich liebe diese Genre-Monster... Keyboarder Christoph Planteur überzeugt mit Zurückhaltung. Unquietschige Teppiche, geschmackvolle Führungspassagen, Piano-Sounds. So soll es sein. Dass in der Band noch Ideen für viele Richtungen stecken erkennt man bei dem Mittel-Stück "Polar bear", der wie ein Ruhepol zwischen "zwei Albumseiten" steht und fast schon jazzig-experimentell wirkt. Unweigerlich fragt man sich, ob zufällig diese ermüdete Session auf CD gepresst wurde. Ich mag das! Im Grunde findet man auf diesem Album aber einfach sehr intelligente, moderne Popmusik, die in einer besseren Welt im Radio liefe. Der ich hier und da mehr Wagnis wünschen würde und einen Arrangeur, der den Kompositionen mehr Atmungsaktivität einimpfen sollte. Gut gemachter ArtPop aus deutschen Landen, kostenfrei anzuchecken und bei Gefallen für `nen 10er käuflich zu erwerben. Das lohnt sich auch, denn das Album kommt als wunderbarer Digipack daher. Und wenn ihr schon dabei seid; bestellt das Debüt "Masquerade" für Euro 5,00 gleich mit, das finde ich einen Hauch stärker.

Fix Sadler



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