CD Kritik Progressive Newsletter Nr.72 (97/2011)
MoeTar - From these small seeds
(47:00, Privatpressung, 2010)
In der vernetzten Welt entgeht uns nichts mehr. In der überschaubaren Progressive Rock Szene schon mal gar nicht. Und wenn man dann auch noch gute Kontakte zu verlässlichen Fachleuten aus dem Themengebiet hat, ja, dann ist man informationstechnisch immer ganz vorne dabei. Denkste! Wer ist MoeTar? Und warum stelle ich die Frage erst jetzt? Die Band hat ja nur das beste klassische Prog-Album im Jahr 2010 veröffentlicht. Im Juli 2010. Und ungefähr ein Jahr später schwappt dieses Kleinod aus der East Bay (Oakland) zu uns rüber. Oder hat jemand diesen Geheimtipp für sich behalten? Shame on you! Die fünf Protagonisten spielen klassischen Prog. Beeinflusst von Gentle Giant, Yes und mit einem Rhythmusgerüst welches an Led Zeppelin erinnert. Eine Spur Beatles-Pop wird vermengt, ein bisschen rumgejazzt und die sensationelle Moorea Dickason singt das ganze ein. Die Geschichte hat Druck und rockt kräftig, dafür bürgt allein der omnipräsente Bass von Bandleader Tarik Ragab. Außerdem haben die kompakten Stücke einen unverschämten Pop-Appeal. Absurdeste Gesangsmelodien, widerborstige Arrangements und vertrackte Instrumentalausarbeitungen finden sich fortlaufen, aber selten hat man eine Band gehört die so poppig vertrackten Prog macht oder ist es proggiger Pop? ProgJazzRockPop, grmph... Ich bin mir nicht sicher, ob ich je eine Platte gehört habe auf der so viel gesungen wird. Dickason scheint dies unaufhörlich zu tun. Mal klingt sie wie Jon Anderson und darf das, sie ist ja ein Mädchen. Dann hört sie sich an wie eine Wiedergeburt von Janis Joplin, trällert fast schon musicalhafte Melodien oder klingt ganz selbstverständlich wie eine Jazz-Diva. Höchstmögliche Souveränität eingeschlossen. Hält sie mal die Klappe, drängt die Band mit muskulösem, lustvoll vertracktem Spiel nach vorn. Alles ist geschmackvoll angerichtet von einem gewissen Dan Rathbun (Sleepytime Gorilla Museum) in Szene gesetzt. (Bitte keine Missverständnisse; Rathbun hat das Album aufgenommen und gemixt, mit den RIO-DADA-Göttern hat das absolut nichts zu tun!). Die gute 3/4 Stunde dieses Albums sind so kurzweilig, so ungezwungen, so beschwingt und mitreißend... Ich fühle mich an meine erste Erfahrung mit einer Band namens Spock's Beard und ihrem Album "The light" erinnert. Als Vergleich taugt das aber auch nicht, dafür sind MoeTar zu "crossover"... Lange Rede. Nach meiner bescheidenen Meinung ist das das beste "klassische" Progalbum aus dem Jahr 2010. Fette Punkte!
Fix Sadler
© Progressive Newsletter 2011