CD Kritik Progressive Newsletter Nr.72 (97/2011)
London Underground - Honey drops
(53:31, Musea, 2010)
Die Swingin' 60s sind zurück. Bereits auf den beiden Vorgängeralben lebten London Underground ihre musikalische Leidenschaft für die späten 60er und frühen 70er in Vehemenz aus. Mit jeder Menge Schweineorgel und treibenden Grooves wurde dort die Vergangenheit in Perfektion exhumiert. Nach mehr als 7 Jahren Sendepause sind die Italiener zurück, wobei nur noch Keyboarder Gianluca Gerlini an seinem mannigfaltigen analogen Tastenarsenal (Hammond, Wurlitzer, Fender Rhodes, Mellotron) von der ursprünglichen Besetzung übrig geblieben ist. Auf den ersten Blick hat sich musikalisch nicht so viel geändert, noch immer verstehen es die runderneuerten London Underground, ihren mächtig verorgelten Historientrip mit ansteckender Tanzbarkeit zu versehen. Das klingt oftmals wie die schwungvolle Begleitung eines Edgar Wallace Films bzw. könnte perfekt als Soundtrack für jeglichen schwarz-weißen Agententhriller aus der Zeit des kalten Krieges herhalten. Doch bei genauem Hinhören unterscheidet sich dieses Album in einiges Details maßgeblich von seinen Vorgängern. Zum einen agiert man nur noch rein instrumental, da man für den ehemaligen Frontmann und Schlagzeuger Daniele Caputo keinen Ersatz geholt hat. Zum anderen wurde die stilistische Ausrichtung zum Teil mehr Richtung früher Progressive Rock verschoben, zu Ungunsten der farbenfrohen psychedelischen Schlagseite des bisherigen Materials. Weiterhin swingt dieses Mal ein etwas funkiger Rhythmus im Unterton mit, was die Musik ebenfalls mehr hinein in die 70er verschiebt. Für Fans von richtig schönen angestaubten Keyboardklängen ist dieses Album natürlich ein Freudenfest. Doch wer auch mal Progressive Rock weg von verkopfter Ernsthaftigkeit und pompöser Überladenheit möchte und lieber auf fluffiges Georgel, sowie flotte, mitreißende Rhythmen zurückgreift, liegt mit diesem Instrumentalalbum richtig.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2011