CD Kritik Progressive Newsletter Nr.72 (97/2011)

Afuche - Highly publicized digital boxing match
(36:54, Cuneiform Records, 2011)

Afuche ist ein weiteres Avant-Projekt auf Cuneiform, das zwischen Jazz und Rock bratzig-kratzige Extravaganz übt. Längst hat sich der Fokus des US-amerikanischen Labels von Progressive Rock gelöst und doch kommen hier immer wieder ausgefallene Alben aus dem Genre ins Publikum, die Neues mit Altem verbinden, wie Afuche. Was Jazz und Rock, ist nicht Jazzrock - und doch. Nichts scheint inspiriert aus der Vorbildzeit, den Siebzigern, nichts ist Fusion im herkömmlichen Sinn, wie einst. Eher mischt sich in den Sound eine Ahnung von No-Wave, Alternative Rock, Worldmusic, gar die Hektik des Metal ist partiell zu spüren. Ehe ein Musiker so weit ist, eigene Kreativität zu entwickeln, und einen eigenen Stil, eine eigene Musiksprache, ist er durch so viele Existenzen gespült worden, hat so ungemein viel und vielseitig absorbiert, das sein eigener Sound nicht das sein kann, was 1973 nur progressiv war. Afuche sind Jazz und Avantgarde, sind Progressive Rock und Alternative Rock, machen Krachsound auf filigraner Basis. Harsch und lärmig sind ihre Stücke, von krachigem Schlagzeug untermauert, in minimalistischen Motiven unterwegs, die in Jazzfreiheiten aufbrechen. Hektische und harmonisch schräge Songs rauschen vorbei, wie der Sturm im Wasserglas, erst wenig überzeugend, was können die wollen, was wollen die können, was sind das für Ideen. Allein, so nach und nach gehen die Songs auf und beweisen einigen Humor. Nach zwei bis 5 Minuten sind die Songs ausgespielt, es geht nicht um instrumentale Endlosigkeit, nicht um raffinierte Themen, die in stets neuen Lösungen aufgehen, es geht um Haudraufstücke, kurz und knapp inszeniert, die den ästhetischen Klang suchen, der irgendwo in der Breimitte zwischen Jazz und Rock sprießt, Krachpopjazzsongs. Die Band beweist Selbstbewusstsein, steht fest in ihrem Sound, will sich nicht anlehnen, kümmert sich nicht um stilistische Grenzen und Hürden und geht quer durch das Blumenbeet wie der Rasenmäher.

Volkmar Mantei



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