CD Kritik Progressive Newsletter Nr.72 (97/2011)

Catafalchi Del Cyber - Benediktus Und Vobis Quoque Catafalcus Est Tu
(40:21, Ma.Ra.Cash Records, 2011)

Bestätigen bestimmte Parameter meist die grobe Kategorisierung für ein Album, so wird man bei Catafalchi Del Cyber auf die falsche Fährte geführt bzw. mit musikalisch etwas anderem überrascht. Bei Italien, Retro Prog und jede Menge analogem Tastenarsenal erwartet man unweigerlich mediterran geprägten, luftigen Italo Prog mit schmachtendem, pathetischen Gesang, so wie ihn die bekannten italienischen Bands aus den 70ern ablieferten. Doch das Trio vom Gardasee (unterstützt von einem Gastmusiker am Schlagzeug) klingt zu Beginn eher britisch, der Gesang wirkt eher unauffällig, denn dominant, der Keyboardüberhang mehr auf Klangflächen ausgerichtet, als dass hier famose solistische Fingerübungen zelebriert werden. Doch je mehr man sich auf die acht Titel einlässt, um so mehr gewinnt dieses Album doch an innerer Struktur, da es vor allem aus der Schnittmenge aus sachter Atmosphäre, moderat komplexem Bombast und diversen schrägen, sperrigen Passagen funktioniert. Das ist eben keine dieser typischen Retro Scheiben, wie man sie schon sehr oft gehört hat, vielmehr wird das antike Tastenarsenal mit jeder Menge Mellotronflächen geschmackvoll und niemals zu offensiv eingesetzt. Dazwischen heult die Gitarre mit leichtem Jazz Flair in Allan Holdsworth Manier auf. Vom Ansatz her sind Catafalchi Del Cyber im sinfonischen Bereich zu Hause, selbst wenn hin und wieder einige komplexe Schlenker für Auflockerung sorgen. Hinzu kommen immer wieder einige etwas eigenartig anmutende Gesangslinien, die mal passend, mal eigenartig distanziert und nicht ganz zur Musik gehörend wirken. Dies ist definitiv kein Album, das schubladenhaften Retro Prog bietet, vielmehr muss man sich die Musik erarbeiten, sind hier einige Widerhaken und inhaltliche Brüche enthalten. Doch gerade deswegen steckt hier etwas mehr drin, als man ansonsten von einer Genre Scheibe präsentiert bekommt.

Kristian Selm



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