CD Kritik Progressive Newsletter Nr.72 (97/2011)

Blackfield - Welcome to my DNA
(39:37, Kscope, 2011)

Wurde das neue Album des Duos Wilson / Geffen eigentlich wirklich mit Spannung erwartet? Wenn ja: welche Erwartungshaltung wurde dabei eingenommen? Dass die Stücke länger werden, rockiger oder gar proggig? Vorsicht Leute, es gilt weiterhin die Devise: wo Blackfield draufsteht, ist auch Blackfield drin. Und mit diesem Beinahe-Fazit ist tatsächlich bereits Vieles gesagt, denn schon der erste Song zeigt deutlich, wo es lang geht: auf der gleichen Einbahnstraße wie bisher. Das Album ist kurz - wie die Vorgänger. Die Songs sind fast austauschbar - wie bisher. Das geht fast so weit, dass man sich nach einem kompletten Hördurchlauf fragt, wo denn vielleicht noch einmal anzusetzen wäre, wollte man eine der wenigen wirklich hörenswerten Stellen wiederfinden. Wenige Songs bleiben im Gehör, selbst nach mehrmaligem Hören fräst sich nichts wirklich ein. Ecken und Kanten gibt es viel zu selten, fast möchte ich von einer vergebenen Chance sprechen. Woran liegt es eigentlich? An der Tatsache, dass fast alle Stücke auf "DNA" aus der Feder Geffen's stammen? An allgemeiner Abnutzung der kreativen Linie beider Musiker? Oder arbeitet man nach dem Minimalprinzip, d.h. mit einem sehr geringen Risiko beim Songwriting den maximalen Verkaufserfolg erzielen zu wollen? Vielleicht ist es ein bisschen was von allem. Jedenfalls fallen einem häufiger als zuvor die Begriffe langweilig, belanglos, ideenlos, lustlos und beliebig ein, wenn die Eindrücke des Gehörten wiedergegeben werden sollen. Hervorheben kann man aus der Scheibe eigentlich nur "Go to hell", allerdings in negativer Hinsicht. Wohl das schlechteste Stück, das Blackfield je aufgenommen haben. Da wird der Songtitel fast zum Bumerang - als Aufforderung an den Songschreiber. Alles in Allem - trotz einiger schöner melodiöser Parts - ein Album, das man nicht wirklich besitzen muss, nicht einmal als Komplettist oder Sammler. Die Musik von Blackfield ist für den Moment gemacht, nicht als Bestandteil einer Sammlung besonderer Werke. Und selbst wenn man die zwar simplen, aber schöngeistigen melodischen Momente der CD im Grunde ja mag, macht es immer noch wesentlich mehr Spaß, einem Live-Gig der Truppe beizuwohnen, wo auch Blackfield-"Klassiker" dargeboten werden und das Ganze in sehr viel dynamischerem Gewand.

Jürgen Wissing



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