CD Kritik Progressive Newsletter Nr.71 (04/2011)

Owen Pallett - Heartland
(46:26, Domino Recording Co. Ltd, 2010)

Owen Pallett ist ein junger Multi-Instrumentalist aus dem schönen Toronto (Kanada). Seine Haupt-Instrumente sind die Violine und Keyboards. Zusätzlich scheint er auf allem rumzudrücken (und es auch aufzunehmen) was sich im Studio befindet, oder er manipuliert Computer um Töne zu erzeugen. Auf dem vorliegenden Album gibt er sich ganz als Ein-Mann-Band. Er singt, spielt Bass, Piano, Harmonium, Percussion, diverse Tasten-Instrumente. Unterstützt wird er dabei von verschiedenen Musikern die alles Mögliche spielen, nur keine Gitarre. Auf "Heartland" spielt niemand Gitarre. Unbekannt blieb uns Owen Pallett mit seiner Ein-Mann-Band Final Fantasy, die aber tendenziell einen ähnlichen Ansatz verfolgt haben soll wie sein Solo-Debüt. Im Grunde hat er einfach nur beschlossen den Band-Namen abzulegen. Welchen Ansatz haben wir denn hier? Es geht um kunstvolle Singer / Songwriter-Musik, um KammerPop, um Contemporary Classical Music mit einer verspielten Ader. Ein vermeintliches Kammer-Orchester spielt durchaus anspruchsvolle Melodien, dazu trällert Pallett mit seiner blasiert-gelangweilten Stimme tendenziell fröhliche Stücke. Immer wieder gibt es dramatische Augenblicke, schräge Soundexperimente, künstlich erzeugte Töne und andere Seltsamkeiten. Dennoch kommt der Protagonist immer wieder auf seinen Pop-Pfad der Tugend zurück und bietet uns Unterhaltung der wohlklingenden Sorte. Stellt Euch Gavin Castleton..., ach nein..., den kennt ja auch keiner. Stellt Euch vor, dass Paul Simon nach seinem Album "Surprise" noch einen Schritt weiter geht und entrockt instrumentiert kleine Songskizzen abliefert, die mit technisierter Breitseite (Brian Eno) aufgehübscht werden. Stellt Euch das so konsequent vor, dass das Mini-Orchester teilweise durchaus nach Steckdose klingt (und evtl. sogar auch so klingen soll) und Teile der Percussion eher an C64-Beatz, denn Menschen aus Fleisch und Blut. Letzteres tut dem Album nicht so gut. Meistens aber, wenn das Piano perlt, das Cello kratzt und die Violinen-Loops zu einem Himmel voller Geigen werden, dann gibt es eigentlich nichts besseres als dieses Album. "Heartland" ist ein gefühltes Konzept-Album, die Vertonung eines Theater-Stücks, die Musik zu einem Ballet. Ein fliessendes ArtPop-Scheibchen, welches unspektakulär immer spektakulärer wird, weil es schlicht und einfach wunderschöne Melodien, grandios in Szene gesetzt, anbietet. Das Album rockt null, und das ist genau der Grund warum es so besonders ist. Prädikat: Wertvoll. FS

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