CD Kritik Progressive Newsletter Nr.71 (04/2011)

Mother Jane - Hungry 4 Live Part I u. Part II
(62:22 + 60:17, Privatpressung/Si-Moni, 2010)

Jane-Fans haben bekanntlich seit geraumer Zeit die Wonne oder Qual der Wahl zwischen bis zu drei Spaltprodukten. Bei einem von denen wird uns die Namensfindung wie folgt erläutert: "Die Namenswahl Mother Jane verdeutlicht, wer letztendlich für die Erfolge dieser großen Band in den 1970ern und 1980ern verantwortlich war" - "Bandleader" Klaus Hess nämlich. So. Die vorliegenden Konzert-Konserven konservieren das im Mai 2010 im Bremer Meisenfrei gegebene Live-Angebot der aktuell in der Besetzung K. Hess (voc, guit), Kai Schiering (bss, voc), Jens Betjemann (guit) und Lucas Quentin (drms) musizierenden Formation. Und das ist aller Ehren wert, auch wenn man gewisse Abstriche vor allem beim Klang machen muss. Rezensent hat einige Probenraumtapes mit zumindest vergleichbarem Gesangs- und vor allem Schlagzeug-Sound im Schrank liegen, bei denen der Leadgesang ähnlich "dröhnig" wirkt und die backing vocals auch schon mal etwas danebenliegen. Dass die beiden Live-CDs überwiegend dennoch großen Spaß bereiten, liegt vermutlich daran, dass just so ein Sound prächtig zu dem überwiegend recht gradlinig gestrickten, aber mit großer Spielfreude dargebrachten Progrock der Mütter passt. Klar hat ein trockener Rocker wie "There for you" nichts mit Avantgarde zu tun, das sollte er auch nie. Dafür kann man aber auf dem mit so viel Feeling wie Chorus-Effekt gebrachten Solo von "Another way" genauso wegfliegen, wie auf die allerbesten Sachen von Mon Dyh. Spannend zu beobachten sind auch die Auswirkungen der neuen Arrangements ohne die im Original doch sehr prägende Orgel/Keyboards bei alten Bekannten wie "Another way", "Lady", "Water" oder "Expectation" (Pt. 1) oder "Hangman", "Fire, water, earth & air", "Way to paradise", "Southern line" - vgl. Peter Gunn - "Daytime" - wieder ein Traumsolo - , "Windows" oder "All my friends" - mit Säbeltanz-Einlage - (Pt. 2). Gerade bei "(Wishdream) Lady" funktioniert das super, in anderen Fällen kann man schon mal etwas vermissen. Pt. I kommt mit Bonus-Tracks (alternative Takes aus der Schweiz) auf über eine Stunde Laufzeit, Pt. II flicht dazu Aufnahmen aus Emsdetten ein. Ein quicklebendiges Stück deutscher Progrock-Geschichte.

Klaus Reckert



© Progressive Newsletter 2011