CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)
Life Line Project - Distorted memories
(65:01, LLR, 2010)
Erik de Beer gehört mit seinem Life Line Project seit geraumer Zeit zu den Stammgästen im Progressive Newsletter. Dank hoher Veröffentlichungsfrequenz bringt er sich in schöner Regelmäßigkeit in Erinnerung. Das vorliegende Album besteht wieder mal aus alten Kompositionen wie auch neuen Aufnahmen. So ist das knapp 10-minütige "Life Line Suite 2010" eine aufgefrischte Version des allerersten Songs von Life Line Project, der aus dem Jahre 1993 stammt. Noch deutlich älter ist "Frozen heart", das 1981 noch von de Beers damaligem Projekt Brancard gespielt wurde. Für mich ist dies allerdings auch der markanteste Schwachpunkt des Albums, denn der Frauengesang auf diesem Stück ist - mit Verlaub - ziemlich missraten. Überhaupt sind die wenigen Gesangsparts auf "Distorted memories" nicht wirklich von Erfolg gekrönt, wenn man es gut meint, lässt man sie als akzeptabel durchgehen. Das im Albumtitel enthaltene Wörtchen "Distorted" sollte den Fan melodiöser Klänge jetzt nicht abschrecken, denn das aktuelle Werk des Niederländers ist - wie bereits die Vorgänger - im Melodic Prog Bereich angesiedelt und ist recht harmonisch und nicht übertrieben komplex gehalten. So kommt der Titelsong gar nicht schräg rüber, sondern wirkt im Gegenteil ausschnittsweise fast wie eine aufgepeppte Version eines Kinderliedes. Natürlich bestimmen die Keyboards von de Beer wie gehabt den Gesamtsound, als Gegenparts dienen - ebenfalls schon von vorigen Alben her bekannt - barocke Momente, in denen de Beer unter anderem Instrumente wie Spinett, Lute, Mandoline oder Chitarrone bedient. Auch hier sind wieder ganz starke Momente zu hören, speziell wenn die Gastmusikerinnen Elsa de Beer an Flöte und Dineke Visser an der Oboe aktiv werden. Das ist schlichtweg schöne Musik. Dazu gesellen sich nun ein paar geschickt gesetzte Akzente an der Geige (elektrisch und akustisch), die Josine Fraaij beisteuert. Für ein paar fetzige Momente sorgen Jason Eekhout bzw. Jody van der Gijze an den Gitarren. De Beer hat es immerhin geschafft, einen typischen Sound zu kreieren, so dass man sagen kann: das ist mal wieder ein typisches Life Line Project Album. Allerdings sollte er die Gesangsparts noch einmal überdenken und besonders hierauf sein Augenmerk bei zukünftigen Kompositionen richten.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2010