CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)

Koi - In tomorrow hid yesterday
(57:00, Progress Records, 2010)

Stand das schwedische Prog Label Progress Records bisher in erster Linie für sinfonischen Neo Prog bzw. Retro Anklänge, so präsentieren sie mit Koi einen schwedischen Newcomer, der viel mehr in aktuellen Gefilden mit einem leicht schrammelnden Alternative Rock Fokus unterwegs ist. Die Band zieht ihre Einflüsse eher aus Bands wie Porcupine Tree, Oceansize oder Aerogramme, denn von den progressiven Heroen der 70er. Ein mutiger und trotzdem richtiger Schritt von Progress Records, diese Neulinge unter Vertrag zu nehmen, denn Koi sind zwar in der Gegenwart zu Hause, jedoch wie es bereits der Albumtitel durchscheinen lässt, sind unterschwellig eben doch noch genug Wurzeln der Vergangenheit vorhanden. Die stimmungsvollen Klanggemälde sind gut auf die musikalische Leinwand gepinselt, der leicht melancholische Unterton erzeugt trotz Traurigkeit mehr Hoffnung als ständigen Weltschmerz. Gefühl und das Gespür für atmosphärische Melodiebögen sind bei Koi besonders ausprägt, geschickt werden Dynamikwechsel für die Spannungssteigerung verwendet. Weniger bekommt man hier instrumentale Gesellenstücke oder ausgiebige Soli zu hören, sondern der Fünfer aus Göteborg setzt auf einen geschlossenen Gruppensound. Jeder ordnet sich dem gemeinsamen Klangerlebnis, der nur im kollektiv funktionierenden Songidee unter, als solistisch auszubrechen. Dafür hauen einige Keyboardsoli umso prägnanter und echt wuchtig rein, als wenn es hier ständig die tastentechnische Vollbedienung geben würde. In dem gleichzeitig fragilen, wie verträumt geerdeten Bandgefüge funktioniert vieles über sachte Emotionen, die man punktuell zum innerlichen Aufblühen bringt. Hier steckt Potenzial für eine wesentlich breitere Hörerschaft und für Progress Records vielleicht auch die Chance, neue Märkte zu erschließen. Dem Label und der Band sei der hoffentlich einsetzende Erfolg gegönnt.

Kristian Selm



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