CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)

Anima Mundi - The way
(57:22, Privatpressung, 2010)

Progbands aus nicht so ganz alltäglichen Ländern bekommen bei mir erst mal einen Exotenvorschuss. Sprich, nicht alles muss so perfekt wie aus den landläufigen Regionen in Europa, Amerika oder Asien sein. Oftmals hat man in den musikalisch abgelegenen Orten eben auch nicht die finanziellen Möglichkeiten, die die westliche Welt bietet. Deswegen auch bei Anima Mundi, einer Progband aus Kuba, durchaus mal die Ohren zu, bei einigen käsigen Keyboardsounds, auch verziehen, dass die gerade mal vier Tracks auf diesem Album mitunter einige Längen vorweisen. Trotzdem bekommt man hier klanglich ein recht ansprechendes Album geboten und merkt man dem Quartett weiterhin auf der Habenseite seine Musikalität, seine kompositorischen Fähigkeiten, doch vor allem das Gespür für sinfonische Wohlfühlklänge zwischen gestern und heute an. Gerade, die sich in die Höhe schraubenden Gitarrensoli sind allerfeinstens, das Tastenarsenal gräbt sich von den 70ern auch mal in die 80er und dies alles eingebettet in wunderbare Melodik, epischen Bombast zum Reinlegen und zum selig Grinsen. Dabei kommt Anima Mundi zu Gute, das ihr englischsprachiger Sänger und Gitarrist Roberto Diaz nicht nur seine Saiten wunderbar in Schwingung versetzen kann, sondern auch noch einen mehr als passablen Frontmann abgibt. Von der sinfonischen Umsetzung greift man vermehrt auf Retro Anklänge zurück, wie sie auch andernorts en vogue sind. Trotzdem hat man bei Anima Mundi immer das Gefühl, dass sich hier keinem Zeitgeist Geschmack angebiedert wird, die Kubaner versuchen irgendwie, einen eigenen Weg zu finden. Da macht es auch nichts aus, dass mal kleine Fitzelchen an Yes, die Flower Kings oder Neo Prog Bombast der 80er erinnern. Geprägt von sehr viel Harmonie, kleineren Ecken und Kanten und besonders ausladenden Klangteppichen, liefern Anima Mundi genau das Album ab, was man sich von vielen Retrocombos erwünscht. Deswegen, auch abgesehen von einigen eingangs erwähnten Schwächen, eine dicke Empfehlung für die Freunde sinfonischen Progressive Rocks.

Kristian Selm



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