CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)
Hypnos 69 - Legacy
(72:35, Elektrohasch, 2010)
Belgien. Standort von EU, Manneken Pis, Heimat einiger der vermutlich besten Biere der Welt und... von Hypnos 69. Die Anfänge dieser progressive-psychedelischen Gesellschaft gehen bis in die 80er Jahre zurück. Entsprechend gereift tritt uns der mittlerweile fünfte Langspieler (vier davon auf Elektrohasch) entgegen. Selbstbewusst ist dem Album als Eröffnung mit dem fast 18 Minuten laufenden "Requiem (For a dying creed)" ein wahrer Longtrack vorangestellt. In dem fühlt man sich aber aufgrund des warm singenden, ungemein melodischen Gitarrenthemas, den Mellotron-Teppichen und der Birth Control-artig pumpenden Hammond gleich so daheim, dass das Ende schließlich doch unwillkommen kommt. Der trollige Groove von "An aerial architect" wird durch Steven Marx' Saxophon-Einsätze noch fetter, und nicht nur hier erinnert die Stimme von Mastermind ("Conductor") Steve Houtmeyer an einen Roine Stolt, der Gesangsunterricht genommen hat. "My journey to the stars" - mit wunderschönen Querflötenparts - hat ein Hauptmotiv wie ein Kinderlied: So simpel und so unvergesslich. Der persönliche Favorit "The empty hourglass" jongliert raffiniert mit mehreren von Yes bekannten Motiven herum und bedient sich dabei u.a. kongenial bei "Roundabout". Häufig - und gelegentlich unerwartet - gestatten sich die Musiker Ausflüge in Soli und Jams, welche "Legacy" bisweilen wie ein gute, altes Grobschnitt-Album wirken lassen: Große Freiheit bei ausreichend aufnehmender Struktur und vor allem immer prallvoll mit starken Melodien. Vor allem in der Instrumentierung radikal retro und dabei doch so zeitlos.
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2010