CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)

Gazpacho - Missa Atropos
(58:59, Happy Thoughts Products, 2010)

Zurück zu kürzeren Strukturen, vorbei die epischen Zeiten von "Night" (2007) und "Tick Tock" (2009). So scheint auf den ersten Blick die Devise von Gazpacho auf "Missa Atropos". Doch obwohl die stolze Anzahl von 13 Titeln in etwas weniger als einer Stunde Laufzeit hineingepackt wurde, tut diese Entschlackung der Musik gut. Denn, wo sich die Norweger auf den letzten Alben vermehrt Zeit für atmosphärischen Aufbau gelassen haben, kommt man jetzt oftmals viel schneller zur Sache. Dies bedeutet jetzt keineswegs, dass man auf stimmungsvolle Momente bzw. pathetische Augenblicke verzichten muss. Grundlegend ist jetzt alles nur komprimierter und hin und wieder etwas rockiger bzw. geerdeter ausgefallen. Trotzdem klingen Gazpacho immer noch so, wie man es von ihnen erwarten konnte. Da ist als typisches Trademark natürlich die weinerliche Stimme von Frontmann Jan Henrik Ohme geblieben, während auf der instrumentalen Seite weniger mit Soli, sondern vor allem mit und auf mehrschichtigen Klangebenen gearbeitet wird. Übertrieben gesprochen sind Gazpacho famose Auskoster der Langsamkeit in Breitwandformat, gerade mit der für sie typischen schleppenden Dynamik spielen sie aber ihre Trümpfe gekonnt aus. Bereits seit einigen Alben hat man anscheinend die passende Erfolgsformel für sich und die Hörerschaft gefunden und variiert sie nun immer noch spannend in kleineren Nuancen. Zwar kein musikalisches Neuland, aber dafür gewohntes Qualitätsniveau. Ganz an die stimmungsschaffende Klasse von "Tick Tock" reicht "Missa Atropos" zwar nicht heran, ein gutes, niveauvolles Album ohne wirklichen Durchhänger ist Gazpacho trotzdem ganz locker gelungen. Begleitend zum Album geht man übrigens im Frühjahr 2011 auch wieder auf ausgiebige Klubtour.

Kristian Selm



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