CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)
The Flaming Lips & Stardeath and the White Dwarfs - The dark side of the moon
(41:05, Warner, 2010)
Es gehört schon eine gehörige Portion Selbstvertrauen dazu, einen der Klassiker der Rockmusik komplett neu einzuspielen. Denn die besondere Herausforderung bei einer gelungenen Coverversion besteht schließlich darin, keine Leichenfledderei zu begehen, sich aber auch nicht sklavisch an das Vorbild zu halten und seine eigene Note beizusteuern. The Flaming Lips wagten sich zusammen mit Gastsprecher Henry Rollins an den Pink Floyd Meilenstein "The dark side of the moon", um einen recht spannenden und partiell abgefahrenen Neuansatz zu wagen. Teilweise sind von den ursprünglichen Ideen nur Tonfolgen geblieben ("On the run"), hin und wieder wurden die Arrangements völlig anders und experimenteller instrumentiert ("Time") oder man blieb doch im eigenen Mikrokosmos der Flaming Lips fußend einigermaßen dem Original treu ("Any colour you like"). Doch vor allem hat "The dark side of the moon" eine gehörige Portion unfertig wirkendes Garagenflair abbekommen, alles wirkt oberflächlich betracht weit weniger perfekt, spartanischer, irgendwie leicht verdreht und fertig. Trotzdem verströmt der krachende Alternative Rock mit einigen elektronischen Spielereien auch sehr viel psychedelisches Flair. Insgesamt wirkt das Album schon fast so, als ob es von Pink Floyd in ihrer Frühphase eingespielt worden wäre. Trotzdem ist der grundsätzliche Ansatz viel mehr in der Neuzeit, als in der Vergangenheit verhaftet. Weiterhin sorgen rumpelnder, knarzender Bass bzw. verzerrte Gitarre für eine eigene Note. Der gelungene Balanceakt zwischen dem Bewahren der Melodien und Harmonien des Originals, sowie dem Aufweichen des ursprünglichen Materials durch neue Arrangements, verleiht dem Album auf einmal ganz neue Facetten. Dies wird sicherlich nicht bei jedem Pink Floyd Fan für große Begeisterung sorgen. Dennoch: mutig und durchaus interessant.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2010