CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)
Fibonacci Sequence - Numerology
(66:46, Privatpressung, 2010)
Die Fibonacci-Sequenz ist eine unendliche Folge von Zahlen, bei der sich die jeweils folgende durch Addition der beiden vorherigen Zahlen ergibt, also etwa 1, 2, 3, 5, 8, 13, ... Benannt ist sie nach Leonardo Fibonacci, der damit 1202 das Wachstum einer Kaninchenpopulation beschrieb. Wer bei einer diesbezüglich inspirierten Band mehr auf Mathrock, denn auf Kaninchenzüchtervereinsmucke tippt, liegt schon mal nicht falsch. Gitarrist und Hauptkomponist Michael J. Butzen, Drummer Thomas Ford, Keyboarder Jeffrey Schuelke sowie Gastbassist und Förderer Chris Kringel (ex-Cynic, ex-Portal) setzen hier so etwas wie eine (möglicherweise) leichter verdaulichere Fassung von Counter-World Experience auf die Rille - letzteres nahezu buchstäblich, denn "Commencement" beginnt mit dem Kratzen einer Tonabnehmernadel. Das Album bietet im Folgenden u.a. die unerbittlichen Breaks von "Primrose path", in die Disco-Funk-Riffs auf der Gitarre und schmierige Keyboard-Sounds einbrechen, und einem Gesamteindruck ergeben, der eigentlich nur durch Kringels wunderbar alles zusammenhaltendes Wirken am Fretless Bass aushaltbar wird. Gleich daneben steht die World Music-Erfahrung "Dawn" zwischen Vogelgezwitscher, Piano und akustischer Steelstring-Gitarre. Und daneben wieder der sich u.a. in orientalischen Harmonien neun Minuten lang auslebende Prog Metal von "Catlord". Abermals eine akustische Flanke bietet das geheimnisvolle "Illuminati", doch das stärkste Material der Zahlenkunde erwartet uns bei den letzten Stücken der CD, auf denen Elizabeth Grimm laut Booklet mit ihrer Violine (die sich auf "Faunus" [11:17] bisweilen sehr nach Cello anhört) dankbar aufgegriffene neue Klangfarben und Akzente hinzufügt. Das Resultat steht aber immer noch näher an Obsidian als an The Flock oder den Dixie Dregs. Anspieltipp: "Faun". Der treffliche Distributor JFK legte uns - passend zur Jahreszeit - übrigens die CD-Single "We three kings" bei, auf der sich FS die grauwackealte Weihnachtsnummer von Reverend John Henry Hopkins zur Brust nehmen: Mit vor allem dank Schuelkes Partien sehr achtbarem Ergebnis: Frohes Fest!
Klaus Reckert
© Progressive Newsletter 2010