CD Kritik Progressive Newsletter Nr.6 (12/1995)
Aufklärung - De' la tempesta...L'oscuro piacere
(44:44, Pick Up Records, 1995)
Schon vor dem ersten Anhören macht diese CD neugierig, ein ansprechendes Cover und Dreisprachigkeit auf und im Booklet: deutscher Gruppenname, italienischer Plattentitel und englische Lieder. Schaut man sich dann die Namen der Musiker an, erfolgt die Auflösung der Sprachenvielfalt, bei Aufklärung handelt es sich um eine italienische Band, wobei einem ein Name doch gleich bekannt vorkommt: Chicco Grosso. Schreibfehler oder Absicht? Einst nannte er sich Kikko Grosso und war der Sänger von Asgard. Wenn schon der Rest dieser Band mit ihrer nächsten CD auf sich warten lässt, dann immerhin das erste Lebenszeichen ihres Ex-Sängers. Die Neugier wächst, und sie soll nicht enttäuscht werden. Es beginnt mit Windrauschen, ein Gewitter setzt ein, Fußschritte stapfen durch den Regen, dann ein Herzschlag. Erinnerungen an "The dark side of the moon" werden wach, ein düsterer Keyboardsound setzt ein, darauf folgt der Gesang, sowie ein treibender Bass und weinerliche Gitarrenklänge. Irgendwie kommt einem das Folgende einerseits bekannt vor, andererseits auch wieder frisch und neu, schlicht und einfach, italienischer Neo Prog at its best! Der Wiedererkennungseffekt besteht wahrscheinlich darin, dass es manchmal wirklich verdächtig nach Asgard klingt, nicht nur aufgrund des Gesanges, sondern auch durch den musikalischen Rest. Aber dennoch ist es anders, teils straighter, dann wieder komplexer, musikalisch vielschichtiger. Hier stimmt einfach alles: tolle Melodien, abwechselnd von Gitarre, Keyboards und Flöte dargeboten, überraschende Breaks und Tempowechsel, sowie stimmungsvolle Instrumentalparts von kirchlich-sakral, über Bombastsounds, heavy Gitarrenriffs, leider zu kurzen Mellotroneinsätzen, bis hin zu Akustikgitarrenteilen, die gesamte mediterrane Gefühlswelt wird dramatisch durchlebt. Hört man sich durch die Scheibe, fallen einem eigentlich keine Unterbrechungen auf, dies ist vielmehr ein Konzeptalbum aus fünf Liedern, die untrennbar zu einem Ganzen verschmolzen sind. Ich hüte mich jetzt lieber davor, trotz allen Lobens, diese CD zu einem Muss zu erklären, denn schließlich sind Meinungen subjektiv. So ist diese Band sicherlich auch nicht mit den britischen Neo Prog Bands zu vergleichen, denn dafür ist italienische Spielweise dieses Stils doch etwas verspielter und noch mehr in den 70ern verwurzelt. Aber all denjenigen, denen vor allem die letzten beiden Asgard Alben "Arkana" und "Imago mundi " gefallen haben, wird mit Sicherheit auch dieses Album zusagen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1995