CD Kritik Progressive Newsletter Nr.68 (03/2010)

Rayburn - Rayburn
(62:07, Psych Of The South, 2010)

Erstklassige ungeahnte Überraschung: da lag vor einigen Tagen ein Päckchen aus den USA im Briefkasten. Von Psych of the South - noch nie gehört. Das Label ist jung, Rayburn ihre erste progressive Veröffentlichung. Rayburn, die Story zur Band ist ausführlich im Booklet nachzulesen, wurde 1970 in Little Rock, Arkansas, von Mark Price (b, voc), Jimmy Roberts (g, p, voc), Robbie Carder (dr, voc) und Steve Stephens (B3, p. moog, voc) gegründet. Der Bandname sollte die Balance zwischen Licht ("Ray") und Dunkel ("Burn") beschreiben, es gab noch einen weiteren Grund für den Namen, wie im Booklet steht. Die Band hatte kein Glück, während ihrer Existenz spielten sie zwar einige Songs im Studio ein, die aber niemals veröffentlicht wurden. 1974 verstarb Gitarrist Jimmy Roberts im Alter von 21 Jahren an Krebs, damit war die Band passé. Drei Jahre später gab es eine kurzzeitige Reunion, in der einige weitere Songs eingespielt wurden, wozu die Band mit Roberts keine Möglichkeit gehabt hatte. Auf der CD klingen alle Songs stilistisch etwa gleich, so dass anzunehmen ist, dass die 1977er Band im gleichen Geist aktiv war. 2009 trat die erneut wieder vereinigte Band live in ihrer Heimatstadt auf die Bühne, mit der Hilfe/Mitarbeit einiger der Kinder der Bandmitglieder. Die Show war für alle ein überaus grandioses Ereignis, in dessen Nachhall der Entschluss gefasst wurde, die Songs, die zwischen 1972 und 1977 in verschiedenen Sessions im Studio eingespielt worden waren, auf CD zu veröffentlichen. Welch Glück für die Nachwelt, denn die 14 Songs (60 Minuten) sind fabelhaft. Stilistisch zwischen Psychedelic, Progressive Rock, Hardrock und Jazz Rock angelegt, komplex und technisch orientiert, grandios gesungen und rasant gespielt, mit rattenscharfen Instrumentalpartien, intensiven Arrangements und sattem Tiefgang, der schnell überzeugend und mitreißend ist, für Freaks dieser Spielart. Junge Progfans werden den Sound überwiegend wohl als Proto-Prog begreifen, weil von der heutigen Schablone nix zu spüren ist. Die erstklassige Rhythmusabteilung 'arbeitet' mit Hochdruck und gibt keiner Sekunde Ödnis, der melodisch gespielte Bass hat viel zu tun, was er hinreißend tut, und was Robbie Carder an seinem Schlagzeug wildert, bekommt den Komplexorden. Der Organist stand auf den frühen Steve Winwood und Gitarrist Jimmy Roberts mochte Yes' Steve Howe. Und keiner der Beteiligten spielte irgendeinem seiner Vorbilder im Besonderen nach, sondern hatte seinen eigenen Stil. Ein Song, "Your mind (Doubt)" ist in drei Versionen auf der CD enthalten, die beiden ersten sind quasi deckungsgleich, die dritte hat ihren eigenen Charakter. Die CD ist für Old School Progheads unbedingt empfehlenswert, der Sound ist sehr gut und die Songs, zwischen 2 und 8 Minuten lang, sind ein schöner, grandios komponierter und mit Verve gespielter Blick zurück in die gute alte (beste!) Klangzeit.

Volkmar Mantei



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