CD Kritik Progressive Newsletter Nr.68 (03/2010)

Polytoxicomane Philharmonie - Go ape
(46:04 + 46:45 ,Nasoni Records, 2009)

Mit der Verpackung zu "Go ape" heben sich Polytoxicomane Philharmonie schon mal wohltuend eigenwillig von sonstigen Veröffentlichungen ab. In Zeiten von Downloads und rudimentären Billig Verpackungen stecken sie ihre beiden CDs in einen hochformatigen, 18-seitigen Umschlag, der grafisch reichlich affig durchgeknallt, aber perfekt passend zum musikalischen Inhalt bzw. Konzept gestaltet ist. Auch der begleitende Werbezettel übertitelt mit "Freakout Krautjazz", kommt im großformatigen Glückwunschkartenformat daher, mit herzlichen Grüßen vom Onkel. Natürlich eines der vielen Pseudonyme, hinter dem sich die verschiedenen Musiker verstecken. Doch lenkt die surreal-skurrile Verpackung keineswegs vom Inhalt ab, denn das Quintett aus Frankfurt/M. ist zwar im Psychedelic Rock zu Hause, doch gibt es daneben ebenso diverse jazzige, krautige bzw. spacige Beigaben. So herrschen zwar vor allem fließende, verzerrt kriechende Töne vor, doch der bisweilen flotte Rhythmus sorgt mehrfach für beachtliche Schlenker, Saxophon und Quietsche-Orgel grätschen nicht nur einmal solistisch dazwischen, auch wenn man sich zwischendurch in teils affig inspirierten Soundcollagen verliert. Gesanglich wird dem zwar nicht so viel entgegengesetzt, doch irgendwie passt dies alles ins Gesamtkonzept. Und bei Songlängen, die sich meist im zweistelligen Bereich bewegen, bleibt genügend Raum zur Austarierung von mittelprächtigem Gesang und weitaus besserer Musik. Die Primaten-Sympathisanten versprühen ein gewisses, erfrischendes Anarcho Feeling, nehmen sich selbst nicht zu ernst (deswegen erschien das Doppelalbum auch unter "Röchelverzeichnis 858-004"), ganz im Gegensatz zu ihrer Musik, die Spontaneität und psychedelische Power auf gekonnte Weise vereint. Duchgeknallt, gut gemacht und irgendwie erfrischend sympathisch.

Kristian Selm



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