CD Kritik Progressive Newsletter Nr.68 (03/2010)

Pi2 - Silent running
(66:48, Privatpressung, 2009)

Die spanischen Sinfonikprogger um Mastermind & Keyboarder Pito Costa lassen mit "Silent running", nach ihrem Debütalbum "Retorn" aus dem Jahre 1998, nun ihren vierten Output das Licht der Welt erblicken. Und welch treffender CD-Name für diese überwiegend im verhaltenen Tempo dargebotenen progressiven Töne mit Finesse und kompositorischem Geschick. Denn richtig laut wird's hier im Grunde nicht und die Klänge befinden sich in einem stetigen, lebendigen Fluss. Komponist, Produzent, Arrangeur, Programmierer und Musiker Costa greift auch bei dieser Scheibe auf seine vertrauten Mitstreiter Alex Warner, der für den englischen Gesang verantwortlich ist, sowie Gitarrist Juanjo Verdú zurück. Außerdem schart er unter anderem mit dem zweiten Gitarristen und Bassisten Ismael "Veru" Valero und Schlagzeuger Angel Lloberas ausgezeichnete Studiomusiker um sich, die zur Qualität der neuen Pi2-Musik beitragen. Die CD mit über 66 Minuten Laufzeit beginnt auf dem Eröffnungstrack "Welcome to the circus" nach einigen Sprachsamples schon fast mit weihnachtlichen Melodiereigen, die durch den gefühlvollen und getragenen Gesang von Alex Warner quasi noch mehr festliche Stimmung erhalten. Aber schon bald erfrischen ein klares, rockiges und gefühlvolles Gitarrenspiel sowie unterschiedliche Tastenvariationen bei wechselnden Stimmungen die Komposition. Anschließend werden Melodiebögen aufgebaut, die mich sehr stark an die besseren Camel-Zeiten erinnern, was für "L13" mit herrlichen Synthesizerläufen besonders zutrifft. Der Vergleich zu Camel oder auch der "Wind and wuthering" Phase von Genesis ist von der musikalischen Darbietung immer mal wieder zu vernehmen, wobei Kastagnetten-Klänge ("Credo"), klassische Inspirationen ("Credo", "Silent running"), jazzige Anwandlungen ("Bad guys", "Silent running") und auch Beatles Verbeugungen ("Bad guys") einen größeren Klangkosmos bieten. Neben den unterhaltsamen Melodiebögen wissen immer wieder die hörenswerten Gitarrenläufe sowie das gekonnte Keyboardspiel zu gefallen, wobei der mit Wärme beseelte Gesang Alex Warners mir allerdings auch schon mal zu süßlich erscheint. Der Long- und Titeltrack "Silent running" bietet einen würdigen Abschluss des Werkes, der mit gemäßigten Klängen zwischen Pink Floyd und Mike Oldfield beginnt, um sich dann zu einem klassischen Sinfonic-Long Track zu mausern. Eingängige Melodien, Rhythmuswechsel, zuweilen mehrstimmige Gesänge à la Yes, ruhige Klangräume sowie eine gefühl- als auch temperamentvolle Instrumentenbehandlung sind wesentliche Kennzeichen der 32 letzten Minuten, die allerdings auch etwas Länge aufweisen. Schließlich ist ebenfalls anzumerken, dass die letzten siebeneinhalb Minuten nichts mit den vorherigen 25 Minuten zu tun haben. Hier wird mehr im Sinne des Fusion/Jazz-Genres musiziert, wobei Schlagzeuger Angel Lloberas fast sechs Minuten seine hörenswerten Qualitäten solo zeigen darf. Klangauszüge zu jedem Track findet ihr auf der Homepage der Band. Wie schon auf ihren bisherigen Veröffentlichungen wissen mir die Spanier zu gefallen, sodass ich mich über eine Liveperformance in unseren Breitengraden glatt freuen würde.

Wolfram Ehrhardt



© Progressive Newsletter 2010