CD Kritik Progressive Newsletter Nr.68 (03/2010)

Thomas Glönkler - Goldstadt
(63.24, Weltenblau, 2010)

Die Bombardierung von Pforzheim gehört sicherlich zu einem der düstersten und sicherlich sinnlosesten Kapitel des Zweiten Weltkriegs. Am 23.Februar 1945 wurde die Altstadt dieses militärisch wenig strategischen Ortes am Rande des Schwarzwalds in nur 17 Minuten dem Erdboden gleich gemacht. Der anschließende Feuersturm sorgte dafür, dass relativ zur Gesamtbevölkerung der Stadt, dieser Angriff die höchste Opferzahl hatte, die im alliierten Luftkrieg gegen deutsche Städte je erreicht wurde. Insgesamt wurden 31,4 % der Gesamtbevölkerung getötet. Thomas Glönkler hat sich in einer Entstehungszeit von knapp 3 Jahren auf dem Konzeptalbum "Goldstadt" mit diesem sehr emotionalen Thema beschäftigt. Die Texte sind komplett in Deutsch gehalten, musikalische Unterstützung erfährt Thomas Glönkler, der Gitarre, Bass, und Keyboards beisteuert, u.a. von seinen ehemaligen ICU Kollegen Ralf Großmann am Gesang, sowie Eva-Maria Baumann an der Flöte. Entsprechend des ernsten Themas ist die Musik von der Atmosphäre eher düster, jedoch nicht hoffnungslos gehalten, überwiegt ein melodischer, sinfonisch-progressiver Charakter. Während auf seinem letzten Album "Auszeit" eher ruhige, vielfach auch akustische Töne, vor allem aber überaus sparsame Arrangements vorherrschten, so ist "Goldstadt" teilweise wieder eine Rückkehr zu den rockmusikalisch progressiven Wurzeln, die er Mitte der 90er mit ICU beschritt. Inhaltlich wechseln akustische mit elektrischen Passagen ab, wobei vor allem das 17-minütige Kernstück "Inferno (Wo der Tod das Leben sucht") mit jeder Menge Dynamik, flirrend-weinerlichen Gitarrenpassagen und gelegentlichem Bombast durchzogen ist. Durch die Balance aus besinnlichen, aber auch temporeichen Passagen entsteht ein emotionaler Fluss, der Gefühle wie Traurigkeit, Wut und Schmerz transportiert. Auch wenn es natürlich schwierig ist, sich einem solch heiklen Thema besonders in deutscher Sprache entsprechend zu nähern, so gelingt sowohl textlich wie auch musikalisch dieser gewagte Spagat mit Bravour.

Kristian Selm



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