CD Kritik Progressive Newsletter Nr.68 (03/2010)
Flying Circus - Forth
(59:37, Privatpressung, 2010)
Wie so viele Freizeitbands gingen auch bei Flying Circus wieder einige Jahre ins Land, bevor man einen neuen Longplayer vorlegte. Zwischen "Pomp" und "Forth" (einem Wortspiel, da es sich um das vierte Album handelt) liegen knapp 6 Jahre, doch zum 20-jährigen Bandjubiläum überzeugt die Kapelle aus Nordrhein-Westfalen einmal mehr mit einem gut ausbalancierten Mix aus Retro Rock und sinfonischem Progressive Rock. Flying Circus beziehen sich zwar recht offensichtlich auf die hard-rockende Vergangenheit, dennoch klingt ihre Version dieser Rockexhumierung frisch, ehrlich, sympathisch und darüber hinaus überaus locker. Woran liegt's bzw. was machen Flying Circus richtig? Die Band verzettelt sich niemals in zu komplexe und ausufernde bzw. zu klischeehafte Arrangements, auch wenn man mit dem Opener "The world is mine" gleich mit einem 9 ½ Minüter startet. Doch ist es vor allem der richtige Groove, gepaart mit griffigen Melodien, der überzeugt. Frontmann Michael Dorp verfügt über ein prägnantes Organ, seine fünf instrumentalen Begleiter verstehen es, ihr Können gruppendienlich, aber dennoch effektiv einzusetzen. Ob nun dezente Keyboardsounds in den verschiedensten Klangfarben oder scharfe, aber nie zu harte Riffs, niemals spielt sich jemand zu offensichtlich in den Vordergrund, immer funktioniert die Band als Ganzes, offenbart jedoch in den Details genau das richtige Maß an spielerischem Können. So findet man hier zwar wenige ausladende Instrumentalpassagen, dafür sind die Soli jedoch präzise auf den Punkt gebracht. Hinzu kommen sehr abwechslungsreich eingesetzte Instrumente, bei denen neben der elektrifizierten Komponente ebenfalls Platz für Mandoline oder orientalische Klänge mit leichter Led Zeppelin Schlagseite bleibt. Flying Circus bewegen sich mit ihrem sehr eigenständigen Mix zuweilen ebenso außerhalb der einengenden Prognische, sind damit für ein wesentlich breiteres Publikum interessant. Mit "Forth" legen sie einmal mehr ein mehr als gelungenes Album vor, das in einer gerechteren Musikwelt wesentlich mehr Käufer verdient hätte. "Forth" ist zudem als Deluxe-Ausgabe im Pappschuber unter dem Namen "20th anniversary box set" mit der Bonus CD "Back" erhältlich, die zusätzlich 13 bisher unveröffentlichte, mehr im Rock verwurzelte Tracks enthält (u.a. mit "The heat is on" ein deutlich von Ted Nugent's "Stranglehold" beeinflusster Song), die im Zeitraum zwischen 1989 und 1995 geschrieben wurden.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2010