CD Kritik Progressive Newsletter Nr.68 (03/2010)

Computerchemist - Icon one
(58:45, Privatpressung, 2007)
Computerchemist - Landform
(52:31, Privatpressung, 2008)

Nachdem eine CD ("Atmospheric") im PNL Nr. 65 bereits besprochen wurde, werden jetzt gleich zwei Alben des in Ungarn lebenden Briten Dave Pearson nachgelegt, die er nun in Eigenregie herausgebracht hat. Nummer Eins trägt den Titel "Icon one" und wurde zwischen Januar und Oktober 2007 komponiert und aufgenommen. Fünf Titel erwarten den Hörer, Pearson liefert mittellange bis lange Titel mit Spielzeiten zwischen 9 und 18 Minuten, lediglich das abschließende "The message" ist mit 4 ½ Minuten recht kurz geraten. Opener ist der 18-minütige Titelsong, der gleich rhythmisch flott beginnt. Schnell werden Parallelen zu End-70er- Tangerine Dream deutlich. Den rhythmischen Parts stehen breite, symphonische Synthilandschaften gegenüber. Durch kurzfristige Dominanz eines E-Pianos baut er geschickt eine leicht angejazzte Note ein, die aber später wieder ins TD-Fahrwasser übergeht. Der Titel "Timethorns" ist für mich ein Höhepunkt des Albums, denn hier wird auf feinste Weise durch massiven Mellotroneinsatz eine wunderbare Stimmung erzeugt, die mich ein wenig an die Spielart seines Kollegen David T. Dewdney alias Syn erinnert. Es folgt "Chaos theory", das aber gar nicht so schräg daherkommt, wie es der Titel befürchten lässt. Danach der zweite Longtrack, das 17-minütige "Icon zero", das sehr ruhig beginnt mit Piano, String Synthesizer und Mellotron-Flöten. Später kommen auch mal kurzzeitig synthetisierte Saxophontöne hinzu. Alles wirkt bis dahin sehr relaxt, doch auf halber Strecke wird es dann bedingt durch die eingesetzten Sequenzen und die Rhythmusprogrammierung deutlich lebhafter. Auch greift jetzt hier die elektrische Gitarre ins Geschehen ein. Interessanter Titel. Den Abschluss bildet das kurzweilige "The message", das zunächst mit hübschem Klavier-Intro beginnt, um dann vorübergehend vom dominanten E-Gitarrenspiel abgelöst zu werden. Diese feine, leicht melancholische Nummer rundet das knapp einstündige Hörvergnügen angemessen ab. Direkt im Anschluss an "Icon one" schlossen sich die Arbeiten am Nachfolgewerk "Landform" an, das zwischen November 2007 und November 2008 entstanden ist. Viele Elemente, die schon "Icon one" prägten, sind auch hier wieder zu hören. Überdeutlich ist ebenfalls der Tangerine Dream Einfluss. So wird der Opener "After the eclipse" in bester "Force majeure" Manier zu Gehör gebracht. Im nachfolgenden "Darklight drive" wird die E-Gitarre in den Vordergrund gestellt, als zusätzliches Extra kommt hier Gastmusiker Robin Hayes am Cello zum Einsatz, was recht gut ins Konzept des Titels passt. Stark auch "Cave search" mit einer Mischung aus sehr symphonischen Parts und einer gelegentlichen Floyd-Stimmung (hier werde ich speziell ein wenig an "Careful with that axe, Eugene" erinnert). Sehr schön auch das Mellotron-Intro (Flöten und Streicher) im Titelsong, der mich auch wieder ein wenig an seinen Kollegen Syn erinnert. Auf gleichem Niveau geht es in einem weiteren Höhepunkt des Albums, dem abschließenden "Geoid" weiter. Sphärische, symphonische Klänge im TD-Gewand, am Ende spielt Pearson eine E-Gitarre, die mich an den Jethro Tull Song "Pibroch" vom "Songs from the wood"-Album erinnert. Wenn ich mich für eines der beiden Alben entscheiden müsste, wäre dies vermutlich ein Photo-Finish, denn beides spielt sich auf dem gleichen (hohen) Niveau ab, da mache ich keinen eindeutigen Favoriten für mich aus.

Jürgen Meurer



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