CD Kritik Progressive Newsletter Nr.68 (03/2010)

Fabio Zuffanti - Ghiaccio
(51:28, Mellow Records, 2010)

Kreativen Stillstand bzw. mangelnde Experimentierfreudigkeit kann man Fabio Zuffanti wahrlich nicht vorwerfen. Das italienische Multitalent hat so viele Projekte bzw. Bands am Start (u.a. Höstsonaten, La Maschera Di Cera, Aries), dass es einem Angst und Bange wird, ob er denn noch selbst den Überblick behält. Doch die Veröffentlichungen seiner unterschiedlichen musikalischen Betätigungsfelder bleiben in sich integer, immer kann man eine eigene Identität erkennen. So verhält es sich auch mit seinem zweiten Soloalbum "Ghiaccio", das die Stilistik seines ersten titellosen Werkes von 2009 in etwas modifizierter Form aufgreift. Zuffanti arbeitet viel mit den Mitteln von Elektronik und Ambient, nur selten sind "richtige" Instrumente zu hören. Sachte Soundflächen und programmierte Beats bzw. Loops dienen als Grundlage für die melancholisch-harmonische Klänge, die als gepflegte Chill-Out Hintergrundmusik ihre ganz eigene Stimmung erzeugen. Hin und wieder scheinen auch ganz sachte seine Progwurzeln durch, aber meist nur angedeutet durch einen Basslauf oder Mellotronsounds. Dazu singt bzw. spricht Fabio Zuffanti seine italienischen Texte, wobei seine eher dünne Gesangsstimme schon seit jeher nicht zu seinen wirklichen Stärken gehört. Damit entsteht mitunter ein ungewolltes Ungleichgewicht zwischen der atmosphärischen, instrumentalen Untermalung und den nicht unbedingt dazu passenden Einlagen am Mikrofon. "Ghiaccio" hebt sich inhaltlich fast komplett von den anderen Projekten von Fabio Zuffanti ab, am ehesten passt hier noch der Ansatz von seinem Bandprojekt Rohmer, das ebenfalls vermehrt mit Ambient Elementen arbeitet. Musikalisch und kompositorisch für diese Art von Musik sicherlich gut gemacht, doch im Zusammenspiel mit dem Sprechgesang nicht auf gesamter Linie gelungen.

Kristian Selm



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