CD Kritik Progressive Newsletter Nr.68 (03/2010)
Univers Zero - Clivages
(47:13, Cuneiform Records, 2010)
"Clivages", das mittlerweile neunte Album von Univers Zero, ist in gewisser Weise eine Fortsetzung der Tradition der belgischen Formation um den Schlagzeuger Daniel Denis, andererseits aber auch eine Abkehr vom leicht elektronisch geprägten Ansatz der letzten beiden Alben. Die Atmosphäre schwankt dabei zwischen Bedrohlichkeit bis Ausgelassenheit - natürlich Ausgelassenheit im Korsett von Univers Zero. Deutlichster Unterschied ist jedoch, dass Daniel Denis kompositorisch nicht mehr allein die Fäden in der Hand hält, was abhängig davon, wer gerade die Stücke geschrieben hat, auch sehr unterschiedliche Klangexkursionen entstehen lässt. So weist das 12-minütige, von Gitarrist Andy Kirk erdachte "Warrior" düstere, sich langsam steigernde Weltuntergangsstimmungen und einen Songaufbau im Stil von Present auf und überzeugt als definitiver Höhepunkt des Albums. Im stilistischen krassen Gegensatz dazu stehen die Kompositionen von Michel Berckmanns, die ausschließlich auf akustische Instrumente setzen und deutlich in der modernen Klassik verwurzelt sind, ohne dass hier noch ein rockmusikalischer Ansatz zu erkennen ist. Bandleader Denis wagt den Spagat dazwischen, da er versucht Klangästhetik und Kammermusik im Rockkontext zu verbinden. Univers Zero haben noch nie Musik gespielt, die sich einfach so im Vorbeigehen bzw. Vorbeihören erschließt. Auch "Clivages" macht da keine Ausnahme und fordert die volle Aufmerksamkeit. Dabei bietet das Album auf dem gewohnt hohen spielerischen und kompositorischen Niveau moderne Klassik mit rockmusikalischen Strukturen, die in erster Line als anspruchsvolle Kopf-, denn als Bauchmusik funktioniert.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2010