CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)

Being & Time - Being & Time
(35:02, Poseidon / Musea, 2009)

Der Psychologe Fuyuhiko Tani spielt Gitarre und Keyboards, der Anästhesist Hiroshi Tsukagoshi Bass, beide haben die Rhythmen der 10 Songs programmiert. Ziel der interdisziplinär Wissen schaffenden Musiker ist die gemeinschaftliche Ausübung in Sachen Progressive Jazzrock. Allein, was das Duo an Sounds, vor allem Keyboardsounds, nutzt, sein Ziel zu erreichen, liegt nicht unbedingt im Fokus progressiver Rockklänge. Die Gitarre und zudem der, kraftvoll und dynamisch, keine Frage, programmierte Rhythmus tragen ebenfalls nicht zielorientiert dazu bei, das gemeinsame Vorhaben im klassischen Sinn gelingen zu lassen. Keyboards und Gitarren, Rhythmus und Bass - hier gibt es vor allem die Ästhetik der 1980er Jahre zu hören. Jazz-Fusion mit dünnen Gitarren, progressive Komplexelchen in metallischer Härte und dünnem Arrangementkleid, 80er Jahre King Crimson schauen verunsichert zu, der spätere Allan Holdsworth, im Popjahrzehnt auch kein Durchstarter sondern Zögerer vor dem Musikherrn, erkennt die Blechgitarrensounds wieder. Das nicht allein, es gibt einmal gar Rap-Gesang und Teenie-Pop-Klamauk, Aluminiumsounds, die sich mit rau-schlichtem Urmetal paaren und lichte Jazz-Fusion-Disharmonien im blumigen Garten Eden entstehen lassen. Kein Ton auf der 10 Songs umfassenden, 35 Minuten langen CD ist JazzROCK, alles ist niedlich und hübsch, kindlich geradezu, und von einer erschreckenden, universitären Naivität, deren ernsthaftes(!) Bildungsniveau kein Quäntchen echter wilder Rock'n'Roll-Radikalität zulässt, sondern einzig pseudoenergisches Lavieren gebietet. Diarrhöe.

Volkmar Mantei



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