CD Kritik Progressive Newsletter Nr.66 (09/2009)

Astra - The weirding
(78:41, Rise Above Records, 2009)

Eigentlich stehen Rise Above Records ansonsten vor allem für Doom Metal, doch mit ihrer aktuellen Veröffentlichung "The weirding" von der amerikanischen Formation Astra begibt man sich in ein ganz anderes Terrain, nämlich hinein in den 70er Jahre Progressive Rock. Die Band aus San Diego hat alles aufgefahren, was man von einem Retro Album erwartet: hier wird mit allerlei analogem Instrumentarium gearbeitet (u.a. mächtig viel Mellotron), der inhaltliche, recht pompöse Ansatz (natürlich handelt es sich um ein Konzeptalbum) ist komplett in der Vergangenheit verhaftet und auch der Look der Bandmitglieder, sowie das Cover brauchen sich nicht vor den Originalen der 70er zu verstecken. Während man im Retrosumpf mittlerweile einiges an halbgaren Ideen bzw. leidlich angebiederten Produktionen ertragen muss, stimmt bei Astra vor allem das Feeling, das langsame Auskosten von Ideen für die Musik jener Zeit. Die Band setzt in erster Linie auf eine Art jamartigen, psychedelisch geprägten Progressive / Hard Rock, der sich Zeit nimmt und vom Ansatz her eher spontan, denn komplett bis ins letzte Fitzelchen durchkomponiert und virtuos überfordernd erklingt. Man hat bisweilen mehr den Eindruck, einer lockeren, entspannten Studiosession zu lauschen, wodurch die Musik vor allem an Lebendigkeit und Authentizität gewinnt. Das soll keineswegs heißen, dass man unausgegorenen Songideen lauschen muss, vielmehr ist die Band mit ihrer Zeitreise so tief in den Stimmungen und dem spielerischen Ansatz des Gestrigen verwurzelt, dass man meint, dass hier eine längst vergessene Perle aus den frühen 70ern ausgegraben wurde. Dies spiegelt sich jedoch leider auch im verwaschenen, nostalgischen, teils schon grenzwertigen Sound wider, der nicht unbedingt aktuellen Maßstäben standhält. Wegen der gnadenlosen Rückbesinnung und vor allem, weil dieses Album bei einem für Prog eher untypischen Label veröffentlicht wurde, sind die bisherigen Reaktionen sehr zwiespältig, je nachdem wer die Scheibe zum Rezensieren in die Finger bekam. Wer typisches Rise Above Records Material erwartet, liegt hier komplett falsch, für ewig Gestrige (im positiven, progressiven Sinne) ist dieser Trip eine lohnenswerte Angelegenheit.

Kristian Selm



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