CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)
Walrus - Walrus
(44:15, Esoteric Recordings, 1971)
Anfang der 70er experimentierten diverse Plattenlabels mit eigenen Sublabels, die als Sammelbecken für damals progressive Musik dienten. Bei Decca Records war dies Deram, bei denen u.a. Caravan, Keef Hartley Band und The Moody Blues unter Vertrag standen. Dennoch hatte man zuweilen Probleme damit, wie die jeweiligen Bands beworben werden sollte, so dass sich ebenso Bands bei Deram befanden, die irgendwann durchs kommerziell erfolglose Raster fielen. Teils auch nur deswegen, weil man für sie einfach nicht genügend die Werbetrommel rührte. Auch Walrus fielen nach gerade einem Album und einigen Singles durch das gnadenlose Sieb der Erfolglosigkeit. Interessante Randnotiz: ein gewisser Ian Mosley, später bei Steve Hackett und bis zum heutigen Tage bei Marillion hinter der Schießbude, gehörte zum letzten Line-Up von Walrus, bevor man sich schließlich auflöste. Doch auch wenn die Bandgeschichte nicht gerade von großen Erfolgen gekrönt ist, so ist ihr einziges Album nicht nur ein bis dato gesuchter Insidertipp, sondern ihr Brass Rock, der grob an Bands wie Chicago oder Blood Sweat And Tears angelehnt ist, verfügt durchaus über einen gewissen Charme. So findet man hier eben nicht nur massive Bläsereinsätze als Gegenpol zum wuchtigen Rockgroove (besonders gelungen im Opener "Who can I trust"), ebenso experimentiert die Band mit ruhigen Zwischentönen an Flöte und Akustikgitarre ("Why"). Hinzu kommen noch eine Portion Hippie-Flair und poppige Momente, die aber gleichzeitig dafür sorgen, dass das Album im Gesamteindruck etwas uneinheitlich wirkt und den Eindruck der noch nicht abgeschlossenen stilistischen Selbstfindung hinterlässt. Trotz allem ist Walrus sicherlich für alle Freunde des bläserbetonten, druckvollen 70s Rock / Jazz Rock eine kleine Empfehlung wert.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2009