CD Kritik Progressive Newsletter Nr.62 (05/2008)
Neal Morse - ? Live
(60:13 + 77:25, Mascot Records, 2007)
Bei seiner letzten Europatour wagte Neal Morse einen neuen Weg. Ließ er sich ansonsten auf der Bühne von amerikanischen Musikern, allen voran natürlich Dream Theater Schlagzeuger Mike Portnoy begleiten, holte er bei seiner 2006er Tour relativ unbekannte junge holländische Musiker zur Unterstützung auf seinem Trip durch die gute alte Welt. Und diese machten ihre Sache wirklich ausgesprochen gut, wie das Doppellivealbum "? Live", mitgeschnitten am 14.Juli im Columbia Club in Berlin, dokumentiert. Wie von den letzten Solotouren von Neal Morse gewohnt, steht zuerst sein zu jener Zeit aktuelles Album, in diesem Fall "?", im Fokus und wird komplett am Stück gespielt. Die Unterschiede zur Studioversion sind eher marginal (nur "In the fire" und "Entrance" wurden leicht ausgedehnt, letzteres mit einem kräftigen "Hallelujah"), man bekommt vielmehr eine für ein Konzert typische rauere, wenig ausschweifende, direktere Interpretation, die aber durchaus ihren eigenen Reiz besitzt. Die zweite CD steht im Zeichen des 2004er Konzeptwerks "One", welches man in einer abgespeckten und auf weniger als eine Stunde zusammengedampften Version spielt. Auch hier steht vor allem unverbrauchte Spielfreude und ehrlicher Bühnenspaß im Vordergrund, denn bahnbrechende Veränderungen in den Arrangements. Doch besonders die Power, mit der das Morse Material von ihm und seiner jungen Begleitband gespielt wird, reißt einen als Zuhörer sogar zu Hause vor dem heimischen Lautsprecher mit. Bei dem Zugaben Medley geht dann die Reise noch weiter zurück zu Spock's Beard (drei Titel von "Snow") und Transatlantic ("We all need some light") und hier wird dann nochmals deutlich, was die Magie von Spock's Beard mit Neal Morse ausmachte. Natürlich ist dieses Livealbum letzten Endes hauptsächlich etwas für die Fans, auch wenn dieses Konzert einen durchaus lockeren und echt livehaftigen Gesamteindruck hinterlässt.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2008