CD Kritik Progressive Newsletter Nr.61 (01/2008)
Side Steps - Alive II
(69:07, Poseidon / Musea, 2007)
Bei einem Albumnamen wie "Alive II" kommt einem bei einer gewissen rockmusikalischen Allgemeinbildung fast zwangsläufig das gleichnamige Livealbum von Kiss in den Sinn. Doch das war es auch schon mit den Gemeinsamkeiten. Denn während die immer mal wieder gerne geschminkten Alt-Rocker munter auf die Rente zugehen und ihren Zenit schon lange überschritten haben, sind Side Steps eine seit den 90ern aktive Jazz Rock / Fusion Formation aus dem Land der aufgehenden Sonne, die noch einiges vor sich haben. "Alive" erschien bereits 1999 nach nur einem Studioalbum, inzwischen folgten drei weitere Alben, über die man mit diesem Werk einen bühnentechnischen Überblick bekommt. Dabei krankt dieser Mitschnitt aus drei Auftritten im Silver Elephant in Tokio jedoch auf den ersten Höreindruck leider an zwei typischen japanischen Besonderheiten. Erstens ist vom Publikum kaum etwas zu vernehmen und zweitens setzen auch Side Steps gerne auf etwas quietschige, sehr höhenlastige Keyboardsounds aus Nippon. Dafür kann der technisch versierte Vierer spieltechnisch durchaus beeindrucken. Trotz erheblichem Spieltempo, sorgt die locker-relaxte Spielweise bei den reinen Instrumentalstücken für einen durchaus gut nachvollziehbaren Hörgenuss. Hier wird zwar mächtig an den Instrumenten gewirbelt, aber das wirkt durchaus ansprechend und keinesfalls zu überladen. Positiv ist zudem der sinfonische, leicht progressive Grundeinschlag anzumerken, sowie das abwechselnde solistische Spiel von Gitarre und Keyboards, mit dem sich Side Steps unweigerlich in die Nähe ihrer Landsmänner von Kenso bewegen. Doch trotz ansprechender Instrumentalarbeit und für dieses Genre noch kompakten Arrangements kann sich die Musik von Side Steps ebenso einer gewissen glattgebügelten Sterilität nicht erwehren. Das ist zweifellos souverän eingespielt, so etwas wie den emotionalen Funken, echte mitreißende Leidenschaft ist hier nur schwer zu finden. Trotzdem wäre es unfair, die Band unter Wert zu beurteilen, denn dass hier Könner am Werk sind, steht außer Frage. Wer auf den typischen Jazz Rock Nipponsound steht, findet hier deshalb sicherlich eine ansprechende, wenn auch nicht überragende Interpretation.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2008