CD Kritik Progressive Newsletter Nr.61 (01/2008)

Paladin - Paladin
(37:29, Esoteric Recordings, 1971)
Paladin - Charge!
(73:14, Esoteric Recordings, 1972)

Die Leute von Eclectic Discs sind jetzt als Esoteric Recordings unterwegs, ach ja, das hatten wir ja schon. 1970 von Schlagzeuger Keith Webb und Keyboarder Peter Solley gegründet, konnten beide bereits auf die Erfahrung zurückzublicken, im Vorprogramm der Rolling Stones als Mitmusiker von Terry Reid auf Tour gewesen zu sein. Doch mit ihrer eigenen Band ging es dann in ganz andere Richtungen, denn der recht breite Einfluss reichte von Hard / Progressive Rock, Latin Rock bis hin zu Jazz, Soul, sowie jeder Menge perkussiver Elemente. Das namenlose Debüt präsentiert eine versierte Band, die noch auf der Suche nach einer einheitlichen stilistischen Richtung ist. Paladin verarbeiten hier vielerlei Ideen, was zwar bei jedem Titel für sich funktioniert, im Gesamteindruck jedoch etwas zu sehr nach musikalischem Misch-Masch klingt. Als absolute Highlights sticht zum einen der orgelgetränkte und zum Ende sehr flott, absolut fulminant gipfelnde Opener "Bad times" heraus. Zum anderen das Album abschließende "The Fakir", welches in jazz-rockiger, orientalischer Spielweise vor allem durch ungewöhnliche Melodielinien und einem ausgezeichneten Violinensolo zu gefallen weiß. Ganz im Gegensatz dazu stehen die West Coast lastige Bluesrocknummer "Carry me home", die Easy Listening / Bossa Nova Pop Nummer "Flying high", wie auch das fast ausschließlich auf Rhythmen fußende "Third World" (übrigens mit den ersten Ansätzen von Rap!). Was jedoch vor allem dieses Album durchzieht, ist eine locker-relaxte Atmosphäre, sowie ein gelungener Mix aus prototypischem Hard / Progressive Rock mit jeder Menge Orgel und Percussion, dem noch der finale Feinschliff fehlt. Beim Nachfolger "Charge!" (vor allem auch bekannt durch sein Roger Dean Cover) hat sich die Band eindeutig für einen orgellastigen Hard Rock entschieden. Das mag zwar musikalisch sicherlich nicht mehr so vielschichtig wie das Debüt sein, jedoch sind zum einen moderate Percussionselemente geblieben, zum anderen spielt die Band mit jeder Menge mitreißendem Groove und Tempoverschärfungen. Durch die doppelte Tastenbesetzung kann Peter Solley zuweilen auch seine Künste an der klanglich verfremdeten Violine unter Beweis stellen. Die progressiven Klangfarben wurden leider dementsprechend um einige Stufen zurückgefahren, so dass eher straighte Rockstrukturen mit etwas Balladenschmalz, sowie einer Prise Boogie Rock das Sagen haben. Dennoch ist die Musik von Paladin weit davon entfernt, als simpler Hard Rock durchzugehen, denn dazu sind die jazz-rockigen Orgeltupfer sowie verspielten und sinfonischen Elemente doch relativ präsent. Die beiden ersten Alben der Band waren bereits vor einigen Jahren mit jeder Menge Bonustracks erhältlich. Während der Erstling nun ganz pur von Esoteric Recordings wiederaufgelegt wurde, enthält "Charge!" jede Menge Alternativaufnahmen, sowie unveröffentlichtes Material, die jedoch ebenfalls auf der ersten Widerveröffentlichung bereits enthalten waren.

Kristian Selm



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