CD Kritik Progressive Newsletter Nr.59 (05/2007)

Yeti Rain - Discarnate
(55:49, Unicorn Digital, 2007)

So dunkel und komisch das Cover, so eigenartig und verstörend auch die Musik. Der Opener "The veiled daughters of sleep" erinnert irgendwie an desorientierte Walgesänge auf dem Trip ins Nirvana. Träge und unheimlich schleppen sich hier von Hall durchflutete Soundscapes durch den Äther, suchen einzelne Töne nach Vollendung. Es passiert nicht unbedingt sehr viel, doch die trägen Stimmungen, die das Duo Roger Ebner (Wind Synthesizer, Wind Drum) und William Kopecky (Fretless Bass, Wind Drum, Tanpura) erzeugen, verfehlen nicht ihre eindringliche Wirkung. Tobt sich William Kopecky ansonsten mit Far Corner im RIO / Avantgarde Bereich aus, so verfolgt dieses Improvisationsprojekt ein ganz anderes Extrem, nämlich meditative, zum Teil auch irgendwie spannungsgeladene Ruhe. "Die komplette Musik wurde spontan von Yeti Rain komponiert" erfährt man im Booklet. Und genau darin liegt auch die Krux bei diesem Album. Eine zeitlang ist das düstere, tantrische Nichts durchaus spannend anzuhören, doch auf knapp unter eine Stunde ausgedehnt, kann sich diese Soundreise einer gewissen Langatmigkeit nicht erwehren. Zu ähnlich sind die Sounds, zu gleichförmig die lang gedehnten Strukturen. Dabei sind einige Ansätze durchaus spannend, sorgt der monotone, aber eindringliche Klang der Tanpura (einem indischen Saiteninstrument, meist als Begleitung der Sitar eingesetzt) für eine weltentrückte Stimmung. Auch als zeitweise Begleitmusik von mystischen Landschaftsaufnahmen verfehlt die Musik sicherlich nicht ihre Wirkung.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2007