CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)

Alias Eye - In focus
(50:52, QuiXote Music, 2007)

Wenn das Vorwerk "A Different Point Of You" gleichsam ein bunt aufgezäumtes, geschicktes Zirkuspferdchen war, dann ist "In Focus" ein Brauereipferd, einer dieser anziehenden, bärenstarken Kaltblüter, die einfach nur anreißen... Der neue Mann an den sechs bis sieben Saiten, Matze Wurm, ersetzt den Anfang 2006 ausgestiegenen, auch live total überzeugenden Matthias Richter auf den Bandsound stark prägende Art. Schuld ist, wie die Band selbst meint, seine sehr "direkte Art Gitarre zu spielen". Über das Riff-Sperrfeuer hinaus auffallend ist die Dominanz von Piano bzw. Fender Rhodes und ein wenig Orgel sowie die spürbare Abwesenheit von Synthie-schraffierten Flächen im Gesamtbild. Und so kommen die elf aktuellen Tracks wirklich wie versprochen hochfokussiert auf den jeweiligen Punkt - rockiger hat die Truppe um den Ausnahmesänger Philip Griffith noch nie geklungen, noch nie war die stilistische Kluft zu jener anderen Band, in der er singt - Poor Genetic Material - tiefer. Abwechslung wird diesmal weniger durch beispielsweise orientalische Harmonik (wie teilweise beim Vorgänger) herbeigeführt, sondern etwa durch behutsam eingesetztes Schifferklavier und rhythmische Ausgefuchstheit ("Enlighten Them"). Obwohl mit "Books" auch eine wunderschöne Ballade und mit dem Blues "Hidden Track" ein recht witziger - ratet mal - enthalten ist, wird der Erfolg des Albums vermutlich davon abhängen, ob sich die Rock-Gemeinde traut, diesmal mehr als ein Auge auf Alias Eye zu werfen. Denn die Progger könnten vor soviel Tight- und Toughness zurückschrecken.

Klaus Reckert



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