CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)

Central Park - Unexpected
(78:43, Transformer Records, 2006)

Das Leben schreibt manchmal eigenartige Geschichten. Die Münchener Band Central Park wurde bereits 1983 gegründet (bei der Namensfindung hatte übrigens Schlagerstar Jürgen Marcus seine Finger im Spiel!), erspielte sich im Livesektor mit ihrer konzertanten Musik nach kurzer Zeit einen ausgezeichneten Ruf im süddeutschen Raum, doch trotz viel versprechender Vorzeichen klappte es leider nicht mit einem Plattenvertrag, so dass man 1989 wieder getrennte Wege ging. Doch unverhofft kommt oft, so dass man letztes Jahr wieder in Originalbesetzung zusammenkam und mit "Unexpected" endlich der erste Longplayer als Digipack mit Bonus DVD (u.a. TV Mitschnitte aus den 80ern, sowie ein kurzer Liveauftritt aus diesem Jahr) vorliegt. Selbstsicher stuft die Band ihren Stil als Progressive Rock ein, doch wird eine entsprechende Erwartungshaltung zu Beginn des Albums erst einmal etwas relativiert. Die beiden Opener "Face the space" und "Witness of today" bieten bombastisch-sinfonischen AOR mit deutlichem 80er Jahre Touch. Zweifellos souverän und ansprechend eingespielt und produziert, aber auch immer wieder von straighten, fast schon radiotauglichen Rockpassagen durchsetzt. Doch bereits die instrumentalen Passagen lassen erkennen, dass die Wurzeln der Band ebenfalls in die progressiven 70er zurückgehen. Spätestens mit dem dritten Stück "Recycling" folgt eine stilistische Neuausrichtung. Nach einem lyrischen, verträumten Beginn gipfelt das Stück in einem verspielten, sanften Gitarrensolo und setzt damit ein erstes Highlight auf der CD. Dieses Wechselspiel aus dynamischer Rockmusik und verspielter Komplexität mit einem hohen Maß an Melodik setzt sich auch im weiteren Verlauf des Albums durch, wobei die Schlagseite sich immer mehr Richtung Progressive Rock verlagert, die Stimmungen insgesamt eine Spur melancholischer, dramatischer angelegt sind. Auch wenn Central Park mehr auf Arrangements und Sounds der 80er setzen, kommen die Songs auf "Unexpected" durchaus sympathisch wuchtig und keineswegs zu angetagt aus den Boxen. Zu welchem Variationsreichtum und spielerischer Vielfalt die Band in der Lage ist, beweist sie vor allem im grandiosen, rund 22-minütigen Longtrack "Don't look back". Genesis-artige Passagen, klassische Einfälle, aber auch experimentelle Klangcollagen sorgen für einfallsreiche Dynamik- und Spannungswechsel und unterstreichen die spielerische Klasse der Band. Mit dieser CD Veröffentlichung soll jedoch das Kapitel Central Park keineswegs abgeschlossen werden. Die Band ist bereits auf der Suche nach Auftrittsmöglichkeiten und möchte auch in Zukunft noch mehr "Unerwartetes" abliefern. Bis dahin kann man ihnen schon mal gratulieren, dass dieses lohnenswerte Album nach so langer Wartezeit doch noch vollendet wurde - mehr als nur ein Geheimtipp!

Kristian Selm



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