CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)
Bootcut - De Fluff
(52:16, Privatpressung, 2004)
Mitunter steht dem ach so ernsten Progressive Rock und seinen angrenzenden Spielarten etwas Selbstironie durchaus gut zu Gesicht. So dachten wohl auch Rikard Sjöblom (Keyboarder von Beardfish) und Schlagzeuger Petter Diamant, steckten sich selbst in Renaissance-Klamotten mit Pomp, Rüschenhemd und Perücke, ließen sich mit Pudel und in den entsprechenden Posen ablichten und gaben ihrem Projekt mit pseudo-französischen Botschaften und eigenartigen Songtiteln ("Mystic Dildo", "Funck the living dead") den augenzwinkernden Tiefgang. Doch mit ihrer Musik meinen sie es vom Ansatz her wesentlich ernster, denn Hammond, Synthesizer und Schlagzeug ächzen richtig schön und mächtig antik. Die rein instrumentalen Titel werden flott präsentiert, bieten locker luftigen Easy Listening Jazz Rock mit einer gewaltigen Prise Retro Prog und etwas klassischem Anstrich. Wer den auf herrlich stöhnenden und fetten Klang einer echten Hammond Orgel liebt, kommt hier garantiert auf seine Kosten. Weiterhin versteht es das schwedische Duo, seine Ideen auf den Punkt zu bringen, womit kein Song über sechs Minuten dauert, die inhaltlichen Extravaganzen auf den Punkt gebracht sind. Damit fällt auch die scheinbar klangliche Beschränktheit keineswegs zu schwer ins Gewicht. Da die zwei von Bootcut im Vorfeld der Aufnahmen dieses Albums jede Woche in einem kleinen Jazzclub spielten, ist nicht nur das Zusammenspiel perfekt aufeinander abgestimmt, ebenfalls lud man zu seinen Auftritten diverse Gäste ein, die sich jetzt auch zum Teil auf diesem Album wieder finden. Gastsänger Christer Jäderlund verleiht dem Titel "Soul P.D.", entsprechend dem Namen, einen souligen Touch, weitere Gäste an Posaune, Gitarre, Flöte und Bass sorgen für interessante, ergänzende Klangfarben. Besonders apart sind auch die Scratcheinlagen auf "Mutta". Dadurch, dass sich Bootcut nicht ganz so ernst nehmen, ihre musikalischen Künste aber durchaus interessant zu würzen wissen, macht "De Fluff" auf seine locker beschwingte Art richtig Laune.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006