CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)

Soul Caravan - Live 1969
(37:27, Garden Of Delights, 1969)
Xhol Caravan - Altena 1969
(80:22, Garden Of Delights, 1969)
Xhol Caravan - Altena 1970
(81:33, Garden Of Delights, 1970)

Diese drei separat veröffentlichten CDs beweisen die Spielfreude der Musiker, die Mitte der Sechziger Jahre als Soul Caravan begannen, sich 1969 in Xhol Caravan umbenannten (was auf der Xhol Caravan CD "Altena 1969" zwischen den Songs just angekündigt wird), um dem stilistischen Wechsel von Soulrock zum Jazzrock einen Namen zu geben. Ein Jahr darauf verkürzten Tim Belbe (ts), Hansi Fischer (ss, fl), Öcki von Brevern (key), Skip van Wyck (dr) und die weiteren wechselnden Musiker ihren Bandnamen zu Xhol, und bald darauf war es um die Band geschehen. Jedoch nicht um die Musiker, die anschließend in Missus Beastly, Amon Düül und Embryo sowie diversen weiteren Bands und Projekten als Gäste oder feste Mitglieder zu finden waren. "Live 1969", noch unter dem Namen Soul Caravan eingespielt, hat einen schwarzen Sänger namens Leon, der in 2 Stücken die Soul-Seele (...) der Band herauskitzelte ("Sittin' on the dock of the bay" und "Lick a stick"). Ansonsten klingen Soul Caravan hier fast schon wie Xhol Caravan auf der "Altena 1969". Underground Jazz Rock früher krautiger Natur, voll Saxophonsoli, Improvisationen und einem knochenharten Rhythmusgerüst. Während "Soul Caravan Live 1969" etwa 37 Minuten lang ist, geht "Altena 1969" von Xhol Caravan ganze 80.22 Minuten lang. Es gibt das grandiose "Olé" von John Coltrane als Auftakt, drei kurze Stücke mit dem schwarzen Sänger James Rhodes und sodann die 56:43 Minuten lange "Freedom Opera", die aus 8 Parts besteht, aber aus einem Guss ist. Psychedelic Rock, Jazz, Blues und immer noch restlich Soul-Versatzstücke teilen sich den Raum zwischen den langen Improvisationen, darunter "Poems" von Vanilla Fudge", "Season of the witch" von Donovan und eigene Sachen, die unter Soul beziehungsweise Xhol Caravan komponiert worden waren. Die dritte CD "Altena 1970" setzt noch einen drauf und ist unglaubliche 81.33 Minuten lang. Der Klang aller 3 CDs ist zwar nicht von Studioqualität, aber sehr gut genießbarer Livequalität. Auf der CD sind gerade einmal 3 Stücke. "I can't wait" ist 35:11 lang, "Electric fun fair" kurze 9:26 und "Xholenium" 37:15 Minuten. Die Spielqualität ist bereits professioneller, die Songs organischer, die Soli ausgereifter, das Gruppenspiel dynamischer. Hier und dort verspielt sich die Truppe, um aber an der nächsten Ecke wieder zusammen zu kommen, das ist sehr schön dokumentiert. Der Underground Kraut Jazz Rock wird von den Saxophonen Tim Belbes und Hansi Fischers ebenso bestimmt, wie von Fischers Flöte und Öcki von Breverns Tasten. Bass und Schlagzeug bewegen sich im Großraum zwischen Jazz und Rock, Klaus Briest am Bass läuft harmonische Linien ab, während "Skip heavy" Swing und knochentrockenen Rock verzwickt. Das war damals wahrhaft progressiv und ist in seiner unverwüstlichen, dynamischen und magischen Natur bis heute ungeheuer anziehend. Wie sagten wir früher? Gänsehautmusik! Keine Sekunde ist zu lang, diese Songs sind zeitlos und modefrei. Hört sich an, als hätten sie sich in Trance gespielt. Das mag auch an den bewusstseinserweiternden Drogen gelegen haben, die zum Gelingen des Musizierens, also guten Gründen genommen wurden.

Volkmar Mantei



© Progressive Newsletter 2006