CD Kritik Progressive Newsletter Nr.57 (11/2006)

Spock's Beard - Spock's Beard
(77:11, InsideOut, 2006)

Warum nicht einfach dem neunten Studioalbum keinen Namen geben und zugleich auf ein rudimentäres Layout zurückgreifen, wenn man dies schon beim Debüt versäumte? So gibt es also mit einiger Verspätung ein völlig titelloses Album von Spock's Beard, der damit mittlerweile dritten Veröffentlichung in der post-Neal Morse Ära. A propos Neal Morse: noch nie klangen Spock's Beard zu Beginn eines Albums so "traditionell", so back-to-the-Prog-roots, wie bei den beiden Openern "On a perfect day" und "Skeletons at the feast". Doch kehren im weiteren Verlauf wieder mehr die "neuen" Spock's Beard zurück, sprich eine Mischung aus packenden Melodien, Prog Zutaten, aber auch jede Menge Rock Attitüde. Schienen die Bärte beim Vorgänger "Octane" die richtige Rezeptur für den Neubeginn gefunden zu haben, so wirkt "Spock's Beard" noch eine Spur homogener, in sich stimmiger, musikalisch aber auch zurückhaltender, trotz kleinerer Ausflüge in den Jazz Rock und Soul. Die ausufernden, komplexen Instrumentalparts wurden mittlerweile zu Gunsten einer spielerisch auf den Punkt gebrachten, mehr songdienlichen Herangehensweise verdrängt, die mehr im erdigen, zugleich verspielten Rock verwurzelt ist, ohne ganz auf Progmerkmale zu verzichten. Mit "Is this love" hat man einen geradlinigen Rocker am Start, mit "Slow crash landing man" aber auch hymnische, ergreifende Momente, die heutzutage weniger bombastisch, sondern sorgsam in den Songkontext eingebettet sind. Die knapp 12 Minuten von "With your kiss" überraschen nach balladenhaftem Beginn mit einem stampfenden Mittelteil, um euphorisch zu enden. Wie bereits von den Vorgängeralben gewohnt, ist auch dieses Mal wieder ein mehrteiliger Longtrack vertreten, wobei "As far as the mind can see" mit knapp 17 Minuten von seiner Länge noch relativ moderat ausgefallen ist, stilistisch aber sicherlich der am weitesten gefasste Titel des Albums ist. "Spock's Beard" ist trotz der ersten beiden Songs des Albums keineswegs eine Rückkehr, sondern mehr eine Weiterführung des Stils der Quartett Besetzung. Damit hat man sich zwar von den musikalischen Ursprüngen immer weiter entfernt, wirkt heutzutage um einiges geradliniger und unspektakulärer. Dafür wurde jedoch mittlerweile ein ganz eigenes Profil gefunden, das der Band in dieser Zusammensetzung sichtlich gut zu Gesicht steht.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2006