CD Kritik Progressive Newsletter Nr.56 (07/2006)
Karcius - Kaleidoscope
(56:54, Unicorn Digital, 2006)
Normalerweise startet eine Band beim Opener eines Albums erst einmal so richtig durch oder legt zumindest die grundlegende musikalische Richtung vor. So erwartet man von Karcius nach deren gelungenem und virtuosen, forschen Debüt "Sphere" eher einen schwungvollen Beginn, doch weit getäuscht, erst langsam nimmt die Band bei "Hypothèse A" Fahrt auf, ein Merkmal, welches auch weitere Tracks des zweiten Albums der Kanadier auszeichnet. Gerade im Grenzbereich zwischen Jazz Rock und Prog besteht natürlich die Gefahr des zu verkopften Ansatzes, die Gefahr, die Muskeln der Virtuosität kräftig spielen zu lassen. Doch auch hier nehmen sich Karcius wohltuend zurück, an manchen Stellen vielleicht eine Spur zu viel, denn ein kleiner Schuss mehr Power und Schwung hätte sicherlich einigen Stellen von "Kaleidoscope" gut getan. Spätestens beim dritten Stück "Destination" bratzeln jedoch endlich Gitarre und Bass ordentlich los, wird durch den leichten Heavy Touch mehr auf die Tube gedrückt. Dennoch sind Karcius eher Vertreter einer auf den ersten Blick unaufgeregten, weniger offensiven Spielweise, die von melodischen Grundstrukturen durchzogen ist, was natürlich keineswegs heißen soll, dass das Instrumentalquartett aus Montreal es nicht kräftig krachen lassen kann. Gerade durch diese atmosphärischen Stimmungsschwankungen, dem Wechsel aus jazzigen und progressiven Passagen, mit einer deutlichen Schlagseite in den Rockbereich, entsteht eine inhaltliche Abwechslung, die dem Album sichtlich gut tut. Zieht man jedoch den etwas unfairen Vergleich zu ihren Labelkollegen Spaced Out, so ist bei Karcius durchaus noch Potenzial für mehr Expressivität vorhanden. Dennoch hinterlässt "Kaleidoscope" einen durchaus ansprechenden Eindruck und ist für alle Freunde rein instrumentaler Musik eine Empfehlung wert.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2006