CD Kritik Progressive Newsletter Nr.56 (07/2006)

East Wind Pot - East Wind Pot
(48:42, Poseidon / Musea, 2006)

Die Bandgeschichte der Tokioter Formation East Wind Pot ist schnell erzählt. Im Frühling 1997 kam es zur Gründung. Unter der Leitung von Yuko Tsuchiya (p, key) betrieben Yoshiyuki Sakurai (b) und Eiichi Tsuchiya (dr) East Wind Pot drei Jahre lang als Sideproject neben dem Shingetsu Project, Theta, Fracture (Y. Tsuchiya), HAL, Garapagos, Aquapolis und NOA (Sakurai) und Fracture, Shingetsu Project (E. Tsuchiya), bis im Herbst 2000 Daisuke Yamazaki (sax, fl, cl) zur Band stieß und das Projekt konkrete Formen annahm. Seit Sommer 2002 arbeitet das Quartett an den 6 von Yuko Tsuchiya komponierten Tracks, die jetzt im Frühjahr 2006 reif zur Veröffentlichung sind. Die Songs sind ein verschachtelter, introvertierter Mix aus Symphonic Rock und Jazzrock. Das Saxophon greift solistisch weit in den Jazz aus und arbeitet einige exzellente Free Passagen aus. Auch die Keyboardsoli gehen zumeist in jazzige Gefilde, geraten auf dem intensiven, allerfeinsten Rhythmusteppich von Bass und Schlagzeug auch in schwer symphonische Bereiche. Der Jazzrock des Quartetts ist nicht freakig und wild, sondern intim und von melodischem Tiefgang. Bass und Schlagzeug zaubern ganz exquisite Stimmungen; der klare, transparente Sound, mit dem man sich mitten im Studio zwischen der Band wähnt, übersetzt das perfekt. Der Bass ist wie Piano, Keyboards und Saxophon, Flöte und Klarinette als Melodieinstrument aktiv und intoniert einige fabelhafte Passagen. Das Saxophon weiß sich zurückzunehmen, um die anderen Instrumente ganz nah an die Boxen zu lassen und greift nach einem Soli unisono wieder ins Thema ein. Kraftvolles Vorgehen ist nicht Ansinnen der Band, East Wind Pot spielen lieber intensive und intime Songs, in denen sich nicht ein Musiker zurückhält. Vor allem das exzellente Bassspiel und der tiefe, klare Bassklang sind grandios und erinnern an die Klassiker der Canterbury Szene. Der letzte Track "April dancer" ist dann doch etwas heftiger. Yuko Tsuchiya spielt auf dem Keyboard Marimba-Sounds (anders herum als Marc Wagnon von Tunnels, der auf Midi-Vibes spielt und Keyboard-Sounds anstrebt), das Bandgefüge ist lebhafter als zuvor. Das ausgedehnte Keyboardsolo im ersten Teil, die kraftvollen Bassläufe mit der verzückenden Schlagzeugbegleitung und das erregende Ansteigen des Stückes bis zu seinem furiosen Ende sind zum Niederknien. Böser Weise sei angefügt, dass der Band mit Gitarre statt Saxophon mehr Erfolg beschieden sein würde. Aber auch so ist die CD ein Tipp!

Volkmar Mantei



© Progressive Newsletter 2006