CD Kritik Progressive Newsletter Nr.55 (04/2006)
Gansan - Gansan
(34:36, Art Line Productions, 2006)
Der Link zwischen The Wrong Object und Gansan ist Ludovic Jeanmart (as), Kopf und Komponist des neuen Unternehmens Gansan. 2004 spielte er noch mit The Wrong Object auf der Zappanale in Bad Doberan, doch schon damals hatte er die Idee zur eigenen Band im Kopf (sein erstes Projekt nach The Wrong Object nannte er Switch). Neben Ludovic sind Luc Evens (b), Nicolas Dechène (g) und Renaud Van Hooland (dr) in der Band, die beiden letzten haben ihr technisches Handwerk 2005 bei der Einspielung Pierre Vervloesems bisher letzter CD "Rude" bewiesen (Nicolas Dechène als Bassist). Doch Gansan ist ein eigenständiges Unternehmen, mit Pierre Vervloesem nicht und mit The Wrong Object nur marginal vergleichbar. Die 5 Tracks der 34-minütigen CD sind moderner, elektrischer Jazz mit diversen minimalen Parallelen zum Jazzrock. Gitarre, Bass und Schlagzeug entwerfen die impulsive, äußerst lebhafte Basis der Songs, auf denen das Altsaxophon abstrakte Läufe fährt. Hin und wieder gehen Saxophon und Gitarre oder Saxophon und Bass Unisonoläufe ein, um ein Solo zu dynamisieren oder die Dynamik eines Stückes zu forcieren. Das Besondere an den Songs ist die Dynamik und die Zurückgenommenheit des Spiels der 4 Musiker. In vital aufbrechenden Momenten wedeln sie keinen Bombast auf, sondern akzentuieren Energie mit kurzen Breaks, schneller und lauter Härte und sofort wieder zartem, melodischem Spiel. Die emotionalen Höhepunkte sind so kurz, dass ihre Erhabenheit umso eindrücklicher ist. Und dann arbeitet das Quartett wieder an voluminösen, unterkühlten, wie erkaltende Lava fließenden und ungemein spannungsreichen Jazz-Motiven. Ludovic Jeanmart ist das Zentrum der Band, von ihm stammen die Kompositionen, er bestimmt den melodischen Verlauf und die solistischen sowie improvisativen Parts. Doch seine Mitglieder sind keineswegs nur schlichte Begleitung. Gerade das differenzierte und hochenergetische Spiel des Trios an Bass, Gitarre und Schlagzeug, das so zurückgenommen und differenziert leidenschaftliche Energie zu schaffen weiß, ist wunderbar und einzigartig. Zwei der auf "Gansan" enthaltenen Tracks waren bereits auf einer selbst produzierten Live-CD der Band enthalten, sind jedoch ganz neu eingespielt, in veränderter Fassung mit klarem Studiosound. Gewiss wird "Gansan" eher Jazz- als Rockfans ansprechen, Fusionmaniacs sollten der Band jedoch ein Ohr leihen.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2006