CD Kritik Progressive Newsletter Nr.55 (04/2006)

Ain Soph - Marine menagerie
(56:18, Poseidon / Musea, 1991)
Ain Soph - 5 or 9
(59:05, Poseidon / Musea, 1991)

Als Re-Issues wurden Ende letzten Jahres die beiden bereits seit einiger Zeit längst vergriffenen Ain Soph Alben "Marine menagerie" (1991) und "5 or 9 - Five evolved from nine" (1993) wiederaufgelegt. Nun denkt man bei Prog aus Nippon in erster Linie an überschäumenden, übertriebenen Bombast bzw. kreischigen Gesang oder im schlimmsten Fall auch gleich beides zusammen, wobei Ain Soph zum Teil eine Abkehr von diesen typischen Klischees gelingt. Das Quartett aus Tokio setzt vor allem auf elegischen, sinfonischen Progressive Rock, der seine Wurzeln schwerpunktmässig in den 70ern hat, mit den Sounds aber einen Schritt in die Neuzeit wagt. Hinzu kommt dabei noch eine recht große Prise Canterbury Trademarks, die für locker-leichtes Jazz Rock Flair sorgen. Ain Soph sind grundsätzlich eher britisch beeinflusst, als dass man ihnen mit jeder Note den asiatischen Ursprung anmerkt. Einzig einige wieder mal geschmackstechnisch sehr unpassend ausgewählte quietschig-klebrige Keyboardsounds und ein etwas zu klinisch steril klingender Drumsound wurden dann doch noch in die Produktion eingeschmuggelt. Vor allem die zweite Hälfte von "Marine menagerie", wie zum Teil auch "5 or 9" kämpft mit dieser nur schwerlich zu ertragenden Ohrenqual. Die komplett instrumental eingespielten Nummern von "Marine menagerie" erinnern vom weitauslandenden Gitarrenspiel nicht nur einmal an Camel Mastermind Andy Latimer, während sich die Kompositionen ebenfalls sehr im Fahrwasser der Mid 70er Phase dieser Band bzw. auch von Caravan bewegen. Da wundert es auch nicht, dass man einen Titel gleich "Ride on a camel" nannte. Der Rhythmus steuert verspielt, aber niemals zu komplex die Songs, die Keyboards wechseln sich in eher zurückhaltender Spielweise solistisch mit der Gitarre ab. Der jazz-rockige Einfluss, der bei den ursprünglichen Canterburybands sehr prägend vorkommt, ist hier zum Großteil unterschwellig, denn offensiv vorhanden. Hin und wieder gewinnt aber auch mal der jazzige Part die Oberhand und Ain Soph musizieren sich durch wesentlich freieres, versponnenes Spiel und lassen es richtig schön komplex krachen, wie z.B. in der Nummer "Variations on a Theme by Brian Smith". "5 or 9" ist vom Grundansatz zwar ähnlich angelegt, doch klangtechnisch modernisiert und die stilistischen Merkmale wurden neu gewichtet. Während das Gitarrenspiel auf einmal eine mehr jazzige Schlagseite verpasst bekommen hat, wirken die mitunter etwas billig klingenden Fanfarensounds aus der Elektronikkiste nicht wirklich passend ausgewählt. Von der Camel Inspiration hat man sich fast gänzlich verabschiedet, Ain Soph erinnern auf diesem Album eher an eine moderate, mehr auf Gitarren setzende Version ihrer Landsleute Kenso. Dennoch ist der lässige Sinfonic Jazz Rock von Ain Soph keineswegs belanglos, langweilig bzw. zu verkopft geraten. Das Quartett lässt mehrmals aufblitzen, was sie kompositorisch und im expressiven Spiel aus dem Ärmel schütteln können, verlieren dabei aber auch nicht die melodische Komponente gänzlich aus den Augen. Solistische Farbtupfer am Bass, ein wesentlich druckvollerer Drumsound runden den guten Eindruck, bis auf die obig angeführten Einschränkungen, ab.

Kristian Selm



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