CD Kritik Progressive Newsletter Nr.54 (01/2006)

Nektar - Magic is a child
(61:13, Ecletic Discs, 1977)

Nicht immer fallen Plattenfirmen schablonenhaft in Lobhudelei, manches mal erkennen auch sie die erschreckende Wahrheit einer Veröffentlichung. Über die letzten Jahre wurde von Eclectic Discs ein großer Teil des Nektar Backkatalogs aufbereitet, aber auch einiges an bisher unveröffentlichtem Material ausgegraben. Tja, und nun war eben das 77er Album "Magic is a child" an der Reihe; die erste Scheibe, nachdem Gitarrist / Sänger Roye Albrighton die Band verlassen und man mit dem Amerikaner Dave Nelson einen neuen Frontmann gefunden hatte. "Deutlich anders im Vergleich zu anderen Nektar Veröffentlichungen und mit AOR Einfluss, einem deutlich kommerziellen Touch versehen" meint da die Plattenfirma und fasst hier prägnant und ehrlich zusammen, wohin sich Nektar mit dieser Veröffentlichung manövrierten. Zwar setzt auch "Magic is a child" wie der Vorgänger "Recycled" mehr auf einen sinfonischen Sound, ist hier ebenfalls Larry Fast wieder als Gast mit von der Partie, die Arrangements sind jedoch wesentlich glattgebügelter und um einiges straighter, als man dies von Nektar bis zu diesem Zeitpunkt gewohnt war. So fehlt nicht nur die typische Stimme von Roye Albrighton, auch kompositorisch ist hier alles mehr auf Mainstream glatt poliert. Da ist die Tatsache, dass man auf dem Cover eine junge, zu jenem Zeitpunkt noch völlig unbekannte Brooke Shields zu sehen bekommt, noch eine der interessanten Randnotizen. Betrachtet man "Magic is a child" als sinfonische AOR Scheibe, so kann man ihr durchaus einige positive Momente abgewinnen, denn die butterweichen Klänge, die federnden Rhythmen, die schmalzig-sanften Melodien betören als schöner Soft Rock, die durch mannigfaltige Keyboardklänge untermalt werden. Doch war man eigentlich etwas ganz anderes von Nektar gewohnt, was im Vergleich zur sonstigen Diskografie doch für deutliche Ernüchterung sorgt. Die inhaltliche Aufbereitung mit ausführlichen Liner Notes, sowie einigen Bonustracks (Demos, Alternativ- und Liveversionen) bietet abgesehen vom musikalischen Gehalt dieses Albums einen durchaus annehmbaren Gegenwert. Besondere Erwähnung gilt hier noch der Alternativversion von "Train from nowhere", bei der ein gewisser Walt Nektroid an der Gitarre zu hören ist, der aus vertraglichen Gründen leider damals nicht seinen echten Namen preisgeben durfte. Heute ist das Geheimnis natürlich gelüftet, denn niemand anderes als Robert Fripp steuerte hier seine "Frippertronics" bei.

Kristian Selm



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