CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)

Steamboat Switzerland - Wertmüller
(48:47, Grob, 2005)

Wehe, wenn sie losgelassen! Wer von Presse Beschreibungen wie "Wen neue Töne locken, dem bietet das Züricher Trio ein Abenteuer für die Ohren" oder "Steamboat Switzerland verbinden die Wucht von Punk mit der Radikalität zeitgenössischer Kompositionen" noch nicht genug gewarnt ist, dem bietet sich beim Anhören von "Wertmüller" (cooler Titel übrigens, wobei damit lediglich der Name des zusätzlich beteiligten Schlagzeugers gemeint ist) ein schräges Panoptikum aus bedeutungsschwangerer Lyrik, massivem Hammond Georgel und Klängen zwischen Prog und Avantgarde. Fast vier Jahre nach den letzten, fast zeitgleich erschienenden Outputs "Budapest" und "ac/dB", spielten Steamboat Switzerland zwischenzeitlich nicht nur über 100 Konzerte in aller Herren Länder, sondern auf ihrem aktuellen Werk gehen Poesie und Chaos eine recht gewagte Zusammenkunft ein. Die Grenzen des Anhörbaren, des zu Ertragenden werden gnadenlos ausgelotet, so dass manch genialer Grundgedanke auf einmal in atonalem, nur schwer verdaulichem Krach endet. So wechselt eigenes Erstaunen und Begeisterung mitunter in virtuelles Abschalten der Ohren, da das Dargebotene einfach zu anstrengend auf den Zuhörer niederprasselt. Weiß man bei Auftritten des Schweizer Ensembles vorher nie, ob man ein Rockkonzert, einen akustischen Auftritt oder Experimentelles erwarten darf, so ist auch "Wertmüller" ein Album voll Überraschungen. Durchaus bis zu einer gewissen Grenze interessant, aber zweifelsohne sehr gewagt und auf Dauer in seiner Radikalität äußerst gewöhnungsbedürftig.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2005