CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)
Radio Massacre International - Emissaries
(59:57 + 76:31, Cuneiform, 2005)
Von den experimentellen, avantgardistischen Klangspielereien Ende der 60er, Anfang der 70er bis hin zur Massenhysterie der stampfenden Technorhythmen hat die elektronische Musik einen sehr weiten Weg zurückgelegt. Doch auch abseits der Massentrends ist diese Musik heutzutage im Untergrund in den verschiedensten Formen immer noch präsent und lebendig. So gehört das englische Trio Radio Massacre International zu jenen Bands, die sich einerseits auf die Vergangenheit berufen, aber auch vor modernen Einflüssen nicht halt machen. Ihre Doppel CD "Emissaries" beinhaltet jeweils auf einer CD neues Studiomaterial bzw. einen Livemitschnitt, der während eines Radioauftritts beim Sender WXPN entstand. Das britische Trio verbindet dabei pulsierende, elektronische Klänge aus den letzten drei Jahrzehnten (Sequencer, Moog, Mellotron) mit sorgsam eingewobenen, mal ätherischen, mal rockigen Gitarrensounds. Der Dreier von der Insel findet somit einen ansprechenden, eigenen Weg zwischen fließender, rhythmischer Endlosigkeit, aber auch spacigen Weltraumklängen. Dennoch kann man diesem Doppelpack sicherlich hin und wieder das Stigma der gewissen Austauschbar- und Langatmigkeit anlasten. Schaut man nicht gerade auf das Display, so lässt sich kaum unterscheiden, welcher Titel der CD gerade läuft. Jedoch wirkt die Musik von RMI durch die klangliche Vielfalt von Tasten keineswegs eindimensional und bleibt erstaunlich vielseitig. Ein Elektronikalbum der interessanteren, besseren Art, mit noch einer wirklich originellen Idee am Rande: auf der CD befindet sich eine PDF Datei mit einem Comicbuch, welches man sich ausdrucken und beim Anhören der Musik anschauen kann.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2005