CD Kritik Progressive Newsletter Nr.52 (06/2005)

Present - A great inhumane adventure
(71:34, Cuneiform, 1998)

Unabsichtlich oder gewollt? Die neueste Present Veröffentlichung bei Cuneiform nennt sich "A great inhumane adventure", vermeidet dabei aber eigenartigerweise das Wort "live". Es handelt sich nämlich bei diesem Album keineswegs um ein längst ersehntes neues Studiowerk der Belgier, sondern vielmehr um Liveaufnahmen von 1998, die während des letztes Gigs der damaligen 6-wöchigen US Tour in Baltimore mitgeschnitten wurden. Mutmaßungen sind ja eigentlich unfair, aber man kann hier Cuneiform fast schon Absicht unterstellen, denn nachdem Present inzwischen bei Carbon 7 unter Vertrag sind, wollte man hier wohl augenscheinlich nochmals schnell mit dem Namen Present und getarnten alten Aufnahmen etwas Geld machen. Eine weitere Tatsache, die nach Abzocke riecht: netterweise gibt es auf "A great inhumane adventure" gleich drei titelmäßige Überschneidungen mit dem 1995 bei Charlys Freakshow in Würzburg mitgeschnittenen Cuneiform Album "Live!". Zwar liegen zwischen beiden Aufnahmen etwas mehr als 1½ Jahre, dennoch sind die inhaltlichen Unterschiede nur marginal. Alles sehr eigenartig... Lässt man mal diese Vorbehalte außer acht, so beeindrucken die fünf Titel auf diesem Album nicht nur durch ihren sehr transparenten, beeindruckend druckvollen Sound, vor allem Schlagzeuger Dave Kerman liefert wieder mal eine beeindruckende Performance hinter seiner Schießbude ab, während auch der Rest des Psycho Ensembles in den ausufernden Stücken alles gibt. Der schräge Gesang von Bandleader Roger Trigeaux ist hingegen jedoch nicht unbedingt der absolute Knaller. Zudem fehlt den Aufnahmen die rohe Energie der Würzburger Performance, haben die Titel zwar Kraft und Schrägheit, aber nicht die ungestüme Wildheit bzw. die niederwalzende Furiosität, die man vor allem auf dem letzten Studioalbum "High infidelity" zu hören bekommt. Dennoch: fordernd und beeindruckend ist dieser Livemitschnitt von Present allemal. Ob man nun als Fan dieses Album auch sein eigen nennen muss, bleibt dem eigenen Geldbeutel überlassen. Welche Energie Present heutzutage auf die Bühne legen, davon kann man sich in Deutschland spätestens beim Freakshow Festival am 26.Juni in Würzburg sein Bild machen.

Kristian Selm



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