CD Kritik Progressive Newsletter Nr.51 (03/2005)
Retroheads - Retrospektive
(66:56, Unicorn Records, 2004)
Band- und Albumname geben die Richtung vor. Die Retroheads aus Norwegen haben sich als eindeutige Botschaft die geschmackvolle Wiederaufbereitung von Retrosounds auf die eigene Fahne geschrieben. 2003 als Soloprojekt gestartet, wurde daraus im Laufe der Zeit eine fünfköpfige Band, deren musikalischer Hintergrund von Jazz, Pop, Rock bis hin zu World Music reicht. Kleinster gemeinsamer Nenner scheint jedoch der sinfonische, elegische Progressive Rock der 70er zu sein, dem man auf dem Erstlingswerk "Retrospektive" ausgiebig huldigt. Das fängt bereits beim Opener "Earthsong" an, der mit mächtigen Mellotronsounds eröffnet wird und sich im weiteren Verlauf in elegische, floydige Parts weiterentwickelt. Ob nun zufällig oder nicht, findet man neben den musikalischen Erinnerungen an "The fountain of Salmacis" und "Watcher of the skies" von Genesis auch eindeutige textliche Zitate. Genesis wird nochmals mit "The path is clear" (Zitat aus "Supper's ready"), Pink Floyd mit der Frage "Is there anybody out there?" heraufbeschworen. Doch je länger der über 10-minütige Opener dauert, umso mehr gelingt es den Retroheads, ihre eigene Interpretation herauszuschälen. Auch der weitere Verlauf des Albums ist eindeutig rückwärts gerichtet und bleibt meist in den 70ern verhaftet. Dennoch sind die Norweger nicht nur bloße Kopisten und Verwalter der Vergangenheit, auch wenn Hammond, Mellotron und MiniMoog soundtechnisch eine ganz andere Sprache sprechen. Die Retroheads verzichten fast gänzlich auf Komplexität und wilde Taktwechsel, sie stellen eindeutig Atmosphäre und rockige Grundsubstanz in den Vordergrund, was bisweilen etwas nach angezogener Handbremse und dem Schielen nach harmonischer Melodieseligkeit klingt. Doch gerade durch die unaufgeregte Interpretation wirkt das Album stimmig, da hier eindeutig die Stärken der Band liegen. Nicht nur durch diesen Ansatz werden hin und wieder Erinnerungen an RPWL geweckt, vor allem auch dadurch, dass der Gesang im Timbre etwas an deren Frontmann Yogi Lang erinnert. So ist "Retrospektive" letztendlich ein Album, welches durch seine unaufgeregte, aber stimmungsvolle Musikalität und ausgewogenen Soloparts im Gedächtnis haften bleibt - ein prima Debüt.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2005