CD Kritik Progressive Newsletter Nr.50 (12/2004)
Aragon - The angels tear
(43:13, LaBraD'or Records, 2004)
Progressive Rock aus Down under gehört ja nicht gerade zu den alltäglichen musikalischen Erscheinungen vom fünften Kontinent. War es in den 70ern vor allem Mario Millo mit seinen Formationen Sebastian Hardie und Windchase, so hielten Ende der 80er bis in die 90er hinein, Aragon die Fahne für Australien hoch. Auf Alben wie "Don't bring the rain" und dem ewig angekündigten Konzeptwerk "Mouse" ging es meist in neo-progressive, dennoch sehr eigenständige Gefilde, erspielten sich die Mannen um den prägnanten Sänger Les Dougan vor allem in Europa einen gewissen Kult-Status. Und wieder zogen einige Jahre ins Land, bevor man ein neues Aragon Album in den Händen halten durfte. Netterweise werden auf der Rückseite der CD gleich noch etwas voreilig die Werke "Elysian fields" und "Pulse" angekündigt, damit dürfte das nächste Jahrzehnt ja wohl gerettet sein. Doch erst einmal zurück zu "The angels tear". Ging es mit dem Vorgänger "Mr.Angel" mehr in mainstreamige Rock / Pop Gefilde, so ist das aktuelle Album eine Verschmelzung von eher neo-progigen, sinfonisch-schwebenden Einflüssen, wobei aber ebenso auf eingängige Ideen zurückgegriffen wird. Das funktioniert über weite Strecken und vor allem zu Beginn des Albums wirklich bestens und ohne Plattheiten. Die Aussies erspielen sich somit, trotz eher bodenständiger Interpretation, einen echten Sympathiebonus, denn die Musik kommt zwar wenig überraschend, aber in sich stimmig und gut interpretiert aus den Boxen. Doch irgendwie wirkt "The angels tear" im Gesamteindruck recht zerfasert, denn ab ungefähr der Hälfte folgen einige eigenartige Brüche. An manchen Stellen hat man den Eindruck, als ob es sich um unfertige Elemente eines Konzeptalbums handelt, dann gibt es wieder kurze Instrumentals, die irgendwie überhaupt nicht zum Rest passen wollen. So geht leider der anfängliche positive Eindruck eines schlüssigen Gesamtwerkes verloren, was den Hörspaß leider wieder auf Normalmaß zurechtrückt. Der treibende, sich langsam dynamisch steigernde Abschlußtrack "The silent field" setzt noch mal einen positiven Schlusspunkt. Insgesamt ein gutes Album im typischen Aragon Sound, welches zum Großteil überzeugen kann, in einigen Augenblick auch erkennen lässt, dass bei einer gewissen Fokussierung noch mehr drinnen wäre.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004