CD Kritik Progressive Newsletter Nr.48 (04/2004)

Touch - Touch
(79:29, Eclectic Discs, 1969)

Die Streitereien, welches denn nun das erste reine Progressive Rock Album gewesen sei, bekommen mal wieder neues Futter. Kurz bevor "In the court of the crimson king" von King Crimson erschien, kam 1969 das bereits 1968 aufgenommene, namenlose Album von Touch heraus, welches auf klassische Weise Psychedelic und frühen Progressive Rock vereint.. Kansas Mitbegründer Kerry Livgren beruft sich auf deren Inspiration, wie auch ein gewisser Mick Jagger als Bewunderer der Amerikaner herangezogen wird. Sollen sich die Historiker und Puristen weiter streiten, auf jeden Fall liefern Touch für das Jahr 1969 eine überraschende Mixtur der Stile ab. Klar ist hier nicht alles reiner Progressive Rock per se, jedoch sind deutliche Merkmale vorhanden, ist ebenso der Einfluss von jede Menge Psychedelia, Jazz, Hard Rock, klassischem Einfluss und Klangexperimenten unbestreitbar. Substanziell bauen Touch vor allem auf expressive, verfremdete Rock / Bluesparts, leben sich in mächtigen Riffs, kraftvoller Hingabe aus. Dabei spielt sich aber immer wieder die Orgel oder Klavier als integraler Bestandteil des typischen, psychedelischen Touch Sounds nach vorne. Die Palette reicht von anschwellenden Klängen, mächtigen Akkorden bis hin zu sanfter Hintergrundbegleitung. Was zudem Touch von anderen Bands jener Zeit unterscheidet, ist das konsequente Spiel mit lauten und leisen, geradezu fragilen Parts. Überraschende Taktwechsel und teils ausufernde Instrumentalparts, die noch nicht ganz die Selbstverliebtheit späterer, noch folgender Bands erreichen, zeigen eine deutliche Richtung vor. Bisweilen fühlt man sich sogar an die frühen Alben von Yes erinnert, ohne dass sich jedoch Touch den Vorwurf des Plagiats erwehren müssen. Dieses Album atmet den wachen, offenen Geist, der später stilistisch noch von den Protagonisten der Szene wesentlich effektiver und konsequenter ausgelebt werden sollte. Zusätzlich zum kompletten Originalalbum, haben sich Eclectic Disc nicht lumpen lassen und vier zum Teil unveröffentlichte Single- bzw. Albumversionen, sowie Alternativaufnahmen hinzugepackt. Zudem gibt es mit "The second coming of Suzanne" einen 1973 aufgenommen Beitrag zu einem Filmsoundtrack, bei dem einige Mitglieder von Touch mitwirkten. Eine sorgsam aufbereitete Zeitreise zu den Ursprüngen des Progressive Rocks.

Kristian Selm



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